Treffen mit Burkhard Jasper und Clemens Lammerskitten (beide CDU) am 12.2.2018
Der Osnabrücker Bürgermeister und niedersächsische Landtagsabgeordnete Burkhard Jasper bemüht sich schon seit langem um den Erhalt des Osnabrücker Hafens. Er hat viele verschiedene Versuche unternommen, die beiden Schleusen des Osnabrücker Stichkanals für Großmotorgüterschiffe (GMS) auszubauen, damit der Hafen auch von modernen Schiffen angelaufen werden kann.
Als vorläufig letzte Initiative hatte er 2016 zusammen mit seinem Partei- und Landtagskollegen Clemens Lammerskitten den Beschluss des niedersächsischen Landtags erreicht: „Umweltfreundlichen Gütertransport auf der Wasserstraße stärken – Infrastruktur für die Binnenschifffahrt in der Region Osnabrück weiter entwickeln“. (Beschluss vom 07.06.2016, Drucksache des niedersächsischen Landtags Nr. 17/5885 – Antwort der Landesregierung am 25.11.2016, Drucksache des niedersächsischen Landtags Nr. 17/7007). Darin wird der Ausbau des Osnabrücker Hafens und der beiden Schleusen des Stichkanals gefordert.
Jasper und Lammerskitten argumentieren aus Sicht der Wirtschaftsbetriebe, die im Osnabrücker Hafen angesiedelt sind. Vor allem der Schrotthandel für das Stahlwerk Georgsmarienhütte sei dort ideal untergebracht. Durch den Betrieb werde niemand gestört und mit der Hüttenbahn sei der Weitertransport des Eisenschrotts nach Georgsmarienhütte bestmöglich organisiert. Eine Genehmigung zum Betrieb eines Schrottplatzes würde heute nur mit deutlich stärkeren (Umwelt-)Auflagen möglich, was sich nachteilig auf das Geschäft auswirken würde. Ebenso würde ein Transport per LKW statt per Hüttenbahn stärkere Belästigungen für Umwelt und Bevölkerung und höhere Kosten für das Stahlwerk verursachen. Das Stahlwerk Georgsmarienhütte würde deswegen darauf pochen, den Standort im Osnabrücker Hafen weiter nutzen zu können.
Die beiden untermauern ihre Forderung mit dem Regierungsabkommen, das die Bundesregierung und die Länder NRW, Niedersachen und Bremen über den „Ausbau der Weststrecke des Mittellandkanals und des Küstenkanals“ vom 14.9.1965 beschlossen haben. Darin wird in Artikel 2 auch der Ausbau des Stichkanals Osnabrück vereinbart. Jasper und Lammerskitten fordern die Erfüllung dieses Vertrages ein.
Unserer Befürchtung, der Osnabrücker Hafen solle nach Bohmte verlagert werden, widersprechen sie. Aufgrund der beschriebenen wirtschaftlichen Situation der um den Hafen herum angesiedelten Betriebe sei das nicht sinnvoll und auch nicht beabsichtigt.
Damit ist unsere Befürchtung aber nicht verschwunden. Denn es gibt viele Gründe, sich vor dem geplanten Containerhafen in Bohmte zu fürchten. Hauptgrund ist die Planung eines Containerhafens an einer Stelle, an der kein – zumindest kein wirtschaftlicher – Containertransport möglich ist. Da in Bohmte aber weiterhin an der Planung festgehalten wird, obwohl alle Beteiligten von der Problematik wissen, bleibt die Frage, was sich denn hinter dem Containerhafen-Projekt verbirgt, wenn es nicht der neue Osnabrücker Hafen sein soll.
Anfangs, so Jasper und Lammerskitten, habe es wohl tatsächlich den Wunsch gegeben, den Osnabrücker Hafen nach Bohmte zu verlagern, was sich ja auch in der Machbarkeitsstudie 2008 der Stadtwerke Osnabrück AG niedergeschlagen habe. Jasper und Lammerskitten halten das aber für eine nicht ausgereifte und letztlich auch nicht durchführbare Idee. Sie führen die Pläne auf den damaligen Osnabrücker Oberbürgermeister und jetzigen niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius (SPD) zurück, der am jetzigen Hafenstandort gerne eine schöne Marina haben wollte. Der Landkreis Osnabrück habe die Pläne dankbar aufgenommen, weil es dort wohl anfangs sehr große Erwartungen gegeben habe, mit einem Containerhafen in Bohmte an den rasant steigenden Containerumschlagszahlen teilhaben zu können. Diese Euphorie sei inzwischen aus verschiedenen Gründen verflogen. Grundsätzlich habe jede Kommune ein starkes Bestreben, Wirtschaftsbetriebe auf ihrem Gebiet anzusiedeln. Dass die Gemeinde Bohmte dabei versuche, ihren Trumpf „Standort am Mittellandkanal“ auszuspielen und damit Fördermittel einwerben wolle, sei verständlich und üblich.
Der parallele Ausbau der Bundesstraßen 51 und 65 zu der Hafenplanung in Bohmte geschehe zufällig, beide Ereignisse erfolgten unabhängig voneinander.
Beide Politiker betonen, dass sie offen und ehrlich mit den Bürgern umgehen und sich durch unsere pauschale Politikerschelte getroffen fühlen.
Doch auch wenn wir beiden Herren den Erfolg ihrer Bemühungen herzlich wünschen und ihnen auch sicher glauben, aus ehrlicher Sorge und nicht aus scheinheiligen Motiven heraus zu handeln, stehen sie mit ihrer Position auf ziemlich verlorenem Posten.
Denn selbst wenn der Bund ca. 100 Mio. € in die Hand nimmt und die beiden Schleusen des Osnabrücker Stichkanals GMS-fähig ausbaut, ist es damit nicht geschehen. Das Osnabrücker Hafenbecken müsste für GMS ausgebaggert werden. Dafür sind aber die Spundwände zu kurz, sie müssten erneuert werden. Außerdem ist das Wendebecken zu klein, die Schiffe müssten in einer Richtung den gesamten Stichkanal (13,5 Km) rückwärts befahren, falls es nicht vergrößert wird. Eine Vergrößerung des Wendebeckens ist aber nicht einfach, weil die dazu notwendigen Flächen aufgrund der intensiven Nutzung des Hafens nicht zur Verfügung stehen.
Diese und mögliche Folgeinvestitionen erscheinen dem Bund und auch der niedersächsischen Landesregierung zu hoch. Auf die oben erwähnte Entschließung des Landtags antwortet sie daher, dass sie lediglich dafür plädiere, die Schleusen zu reparieren, um die derzeitige Situation aufrechtzuerhalten.
Vergrößert und GMS-fähig würden die Schleusen erst, wenn der Bedarf dazu nachgewiesen werde. Dazu sei ein Gesamtkonzept nötig, das die „Entwicklungspotenziale des Stadthafens Osnabrück und des neuen Hafenstandortes in Bohmte“ berücksichtige. Dabei vermutet die Landesregierung in Bohmte ein größeres Potenzial als in Osnabrück: „Das Land Niedersachsen unterstützt die Entwicklung dieses neuen Hafengebietes, da hiermit eine Versorgung der Region Osnabrück über den Hauptkanal auch mit größeren Schiffseinheiten sichergestellt werden kann.“
Das ist auch einleuchtend, denn in Bohmte können GMS anlegen, ohne dass dafür extra Schleusen (um-)gebaut werden müssen. Der Standort Bohmte ist daher mindestens 100 Mio. € billiger als Osnabrück. Und (fast) unendlich erweiterbar. Flächen ohne Ende. Und zwar billige Flächen im Gegensatz zum Osnabrücker Hafen, der ziemlich innenstadtnah liegt und damit teure bis sehr teure Flächen beansprucht.
Etwas anders ausgedrückt heißt das: Der Hafen in Osnabrück ist nicht erweiterungsfähig und benötigt zusätzlich noch große Finanzmittel, um für die Zukunft (halbwegs) fit gemacht zu werden, der Bohmter Hafen hätte diese Probleme nicht. Daher unterstützt die Landesregierung den Bohmter und nicht den Osnabrücker Hafen.
Die Landesregierung spielt dabei auf Zeit, denn die arbeitet gegen den Osnabrücker Hafen. Ohne Schleusenerweiterungen kann der Hafen nur mit 85 Meter langen „Europaschiffen“ erreicht werden. Die sind inzwischen veraltet und werden in den nächsten 10 bis 20, vielleicht aber auch erst in 30 Jahren durch doppelt so große GMS ersetzt worden sein. Spätestens dann ist der Standort aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr vorteilhaft.
Wahrscheinlich schon früher. Denn je mehr in Bohmte realisiert wird, desto geringer werden die Chancen in Osnabrück. Zwei Standorte parallel zu unterhalten, das ist nun wirklich die teuerste und damit die unwahrscheinlichste Variante.
Wer jetzt daraus lesen will, dass der Osnabrücker Hafen NICHT nach Bohmte verlagert wird, hat es schwer.
Selbst die Stadtwerke Osnabrück AG glaubt nicht an ihren eigenen Hafen und hat das 100-jährige Jubiläum des Hafens – er war am 3.4.1916 eröffnet worden – gar nicht erst gefeiert. Hamburg macht jedes Jahr ein Hafenfest, Osnabrück in 100 Jahren nicht. Warum auch, wenn er sowieso bald nach Bohmte kommt?
Und der Eisenschrotttransport nach Georgsmarienhütte?
Die Frachkosten bei Europaschiffen sind höher als die bei GMS. Genau deshalb werden die Europaschiffe ja durch GMS ersetzt. Weil das Stahlwerk auf Europaschiffe angewiesen ist, weil nur sie den Osnabrücker Hafen anlaufen können, hat die Hütte einen Standortnachteil. Den hätte sie auch mit dem Standort Bohmte und LKW-Transporte statt Hüttenbahn. Die Frage ist, welche der beiden schlechten Alternativen die schlechtere ist:
- Höhere Schiffstransportkosten aber geringere Hüttenbahnkosten in Osnabrück,
oder
- geringere Schiffstransportkosten und höhere LKW-Transportkosten in Bohmte?
Die Frage ist aber vor allem, welche weiteren Folgen damit verbunden sind und wer dafür zahlen muss:
Entwicklung eines 175-Hektar-Gewerbegebietes á la Machbarkeitsstudie in Bohmte, enormer Flächenverbrauch, mehr CO2 und stärkere Lärm- und Umweltbelastungen wegen stärkerem LKW-Verkehr, höhere Straßenbau- und –unterhaltungskosten, Beeinträchtigungen der dort lebenden Bevölkerung, ..., …
Nachtrag 22.2.2018
Burkhard Jasper hat uns Hinweise geschickt, dass er es nicht für hilfreich findet, die Idee für eine Hafenverlegung an Personen (Boris Pistorius) festzumachen. Da stimmen wir ihm zu. Letztendlich ist es ziemlich egal, wer auf die Idee kam.
Herr Jasper meint auch, dass wir nicht erwähnen sollten, dass eine Genehmigung für den Betrieb eines Schrottplatzes heute schwieriger zu erlangen ist als vor 100 Jahren.
Und er weist darauf hin, dass es sehr wohl eine Festveranstaltung zum 100-jährigen Bestehen des Osnabrücker Hafens gegeben habe, bei der eine Hafenchronik vorgestellt worden war.
Weil wir davon so überhaupt nichts mitbekommen hatten, haben wir das recherchiert. Es scheint tatsächlich eine Festveranstaltung mit Buchvorstellung gegeben zu haben, wenn auch eher im kleineren Rahmen und weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit. Auf der Internetseite der Stadtwerke Osnabrück AG findet sich ein Hinweis darauf.
Dort finden sich aber auch andere interessante Hinweise:
So weist Oberbürgermeister Griesert darauf hin, dass der Hafen nur 2 Km vom Rathaus entfernt sei und empfiehlt einen "ganz neuen Blick auf den Hafen als Stadtteil Osnabrücks.“
Stadtwerke-Vorstand Rolfes erwähnt das Potenzial des Mittellandkanals und Planungen zu einer KV-Anlage auf dem Gelände der ehemaligen Winkelhausenkaserne neben dem Hafen. Diese Anlage dient aber dem Schiene-Straße-Umschlag, sie hat mit Wasserstraßen nichts zu tun. Wenn man mit dieser Anlage das Potenzial des Mittellandkanals tatsächlich ausnutzen wollte, bräuchte man einen Wasserstraßenzugang. Wo der sein soll, erwähnt Rolfes nicht.
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