Bericht von der „Auf-ein-Wort-Veranstaltung“ mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil in Bad Essen am 21. August 2018
Zu viert waren wir zu der von der örtlichen SPD durchgeführten Veranstaltung gekommen, um zu hören, was der Ministerpräsident zu Problemen vor Ort zu sagen hat.
In einer launigen Ansprache erklärte er vorab das Prinzip der Veranstaltung, dass es also keine Ansprachen geben werde, und dass jedermann und –frau Fragen auf Bierdeckel schreiben solle, die er dann beantworten wolle. Außerdem bitte er um Verständnis, dass ein Ministerpräsident sicher gut darin sei, allgemeine Fragen zu beantworten, bei konkreten Fragen zu regionalen oder lokalen Problemen aber auch mal passen müsste.
Also beantwortete er allgemeine Fragen zu Rente, Einwanderung, Bildung, Kinderarmut und Sicherheit. Für diese Antworten hätte er sich allerdings nicht die Mühe machen müssen, nach Bad Essen zu kommen, das hat man alles schon häufiger von ihm gehört.
Auf ein Problem vor Ort hatte er sich allerdings vorbereitet (bzw. war vorgewarnt worden): Die Frage nach der Verlegung und Verbreiterung der B65, die in Bad Essen sehr kontrovers diskutiert wird. Seine Antwort war eine Beschwichtigung. Es sei ja lediglich erst einmal vorbereitet worden, dass mit den Planungen überhaupt begonnen werden könne. Es sei noch gar nichts konkret geplant und unser Planungsrecht sehe ja die Beteiligung der Bürger vor. Den Hinweis: „Wehret den Anfängen“ nahm er freundlich nickend zur Kenntnis. Hinweise auf eine bedeutende Kultur- und Naturlandschaft nördlich von Bad Essen auch.
Auf die Frage, warum in Bohmte ein Containerhafen geplant werde, obwohl die Brücken dafür zu niedrig seien, war er anscheinend nicht vorbereitet worden. Also tat er das als lokale Bagatelle ab, mit der sich ein Ministerpräsident nicht zu befassen hat. Auf Nachfrage, dass es immerhin um einige Mio. EURO geht, mit denen das Land Niedersachsen das Hafenprojekt fördern will, gab er an Bad Essens Bürgermeister Timo Natemeyer weiter, der die Meinung der HWL-GmbH referierte, wonach das Hafenprojekt eine langfristige Infrastrukturmaßnahme sei und man in „Transportketten“ denken müsse, also unterwegs weitere Container hinzuladen könne, um auch einlagige Containertransporte wirtschaftlich zu machen. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass von der Abgeordnete Meta Janssen-Kucz von der Fraktion Die Grünen eine schriftliche Anfrage an die Landesregierung zu dem Bohmter Hafenprojekt eingereicht worden war.
Der Ministerpräsident hat also keine Ahnung zu dem Thema, beruft sich auf seine übergeordnete Position und verweist auf die Lokalpolitik. Die hat allerdings ebenfalls keine Ahnung, wie der Hinweis auf die „Transportkette“ zeigt. Denn einerseits haben wir die „Transportketten“-Theorie bereits sehr konkret widerlegt und das allen Beteiligten, auch Herrn Natemeyer schriftlich am 7. August d.J. zugesandt. Andererseits ist die Argumentation, man könne einlagige Transporte durch Zuladungen verbessern, unlogisch, denn dann wären es ja keine einlagigen Transporte mehr. Brückenhöhen bedeuten absolute Grenzen für die Beladung eines Schiffes. Wenn die Höhe erreicht ist, kann nicht mehr zugeladen werden. Ein lediglich einlagig befahrbares Revier ist ein einlagig zu befahrenes Revier! Da sind keine Zuladungen mehr möglich, deshalb heißt es ja „einlagig“.
Trotzdem referierte Herr Natemeyer seine Unlogik sehr überzeugend. Aber auch andere Lokalpolitiker waren nicht besser. SPD-Fraktionsvorsitzender Johannes Klecker aus Ostercappeln vertrat im anschließenden Einzelgespräch die Meinung, es sei lediglich eine einzige Brücke, die zu niedrig sei und die würde demnächst angehoben. Das deutet darauf hin, dass er unsere Post nicht liest, denn auch er wurde mehrmals schriftlich persönlich informiert. Es deutet auch darauf hin, dass er sich nicht selber eine Meinung bildet, sondern anderen blind vertraut. So argumentierte er, dass es ja Prognosen von Fachleuten gebe, die die Umschlagszahlen in Bohmte bestätigten, daher könne unser Einwand mit den Brückenhöhen nicht stimmen. Welche Fachleute das gewesen sein sollen, konnte er nicht sagen (es gibt auch keine). Unseren Hinweis, dass die Prognose von der HWL-GmbH aufgrund einer selbst gemachten Unternehmensbefragung ohne Beteiligung von Fachleuten erstellt wurde und dass diese Prognose bedeute, dass die HWL-GmbH 70% - 95% aller in Norddeutschland verschifften Container in Bohmte umschlagen will, nahm er etwas verwundert zur Kenntnis.
Aber zurück zum Ministerpräsidenten. Wenn die Lokalpolitik das Bohmter Hafenprojekt mit dem Label „langfristige Infrastruktur“ legitimiert, müssten sich bei ihm eigentlich die Ohren aufstellen. Denn Infrastrukturpolitik, das ist nun wirklich der Aufgaben- und Arbeitsbereich eines Ministerpräsidenten. Entweder hat er seine Hausaufgaben nicht gemacht, oder die Lokalpolitik arbeitet elegant an ihm vorbei. Wahrscheinlich sogar beides.
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