Kurzer Bericht der Mitgliederversammlung der BI „Stoppt B56 neu“ am 3.3.2020 in Bad Essen
In Bad Essen hatte sich vor 5 Jahren eine Bürgerinitiative gegen die geplante Verlagerung der B65 gebildet. Seitdem hat die Initiative großen Zuspruch erfahren, nicht nur von den Bürgern, sondern auch von der lokalen und regionalen Politik, die durch verschiedene Ratsmitglieder, Bad Essens Bürgermeister Natemeyer, Bohmtes Bürgermeisterin Strotmann und Landrätin Kebschull auf der Sitzung vertreten war.
Die „Meldelinie“ der B65-Planung im Bundesverkehrswegeplan 2030 wurde als "überdimensioniert" und „vollkommen am Bedarf vorbei“ kritisiert. Die Planung sei mit unverhältnismäßigen großen Verlusten an Natur und Umwelt verbunden, was u.a. das Umwelt-Bundesamt bestätige; das Projekt gefährde Trinkwassergewinnung, Kulturlandschaft und Tourismus. Der Stand der Planungen sei unverändert, aber mit einer Realisierung sei aufgrund von Umstrukturierungen bei den Straßenbaubehörden glücklicherweise nicht so bald zu rechnen, sodass man sich darauf konzentrieren müsse, die Planung aus der nächsten Bundesverkehrswegeplanung herauszubekommen.
Anna Kebschull, Grüne und frischgewählte Landrätin stelle ihr „Mobilitätskonzept“ für den Landkreis vor. Kernpunkt sei eine Mobilitätsgarantie auf dem Lande, die ohne eigenes Auto funktioniert. Das würde erhebliche Freiräume schaffen, sowohl konkret bei der Verkehrsplanung, als auch im übertragenen Sinne. Dazu habe man sich als bundesweites Pilotprojekt beworben.
Die beiden Bürgermeister von Bad Essen und Bohmte bekräftigten ihre kritischen Positionen zur B65-Planung und ihre Solidarität mit der Bad Essener Bürgerinitiative.
Die anschließende Diskussion wurde in verschiedene Themenblöcke aufgeteilt, wobei der Themenblock „Ausbau Hafen Leckermühle / Containerhafen“ für uns von besonderer Bedeutung war. Im Vorfeld hatte es anscheinend viele Anfragen gegeben, die zwischen dem B65- und dem Hafenausbau einen Zusammenhang sehen.
Bürgermeister Timo Nathemeyer (SPD) referierte, die Hafenplanung sei durch die Stadtwerke Osnabrück AG angestoßen worden, die eine „Ergänzung“ ihres Hafens in Osnabrück für Container gesucht und in Leckermühle / Oelingen gefunden hatte. Die Planung sei wegen der zu geringen Brückenhöhen in Richtung Westen unter Kritik geraten, aber wenn die Container „nicht gerade mit Watte gefüllt“, also schwer genug seien, wäre ein zweilagiger und damit wirtschaftlich erfolgreicher Transport möglich. In Richtung Osten sei das sowieso der Fall, was ca. ¾ der Verkehre betreffe. Nur ¼ würde in Richtung Westen erfolgen. Er stehe nach wie vor hinter der Containerhafen-Planung. Der Hafen werde zwar lokale Auswirkungen auf den Schwerlastverkehr der B65 haben, aber eine grundsätzliche Verringerung von LKW-Transporten bewirken. Eine konkrete planerische Verbindung zwischen beiden Projekten verneinte er.
Bürgermeisterin Tanja Strotmann (CDU) äußerte Kritik an dem inzwischen entbrannten Gutachten- und Gegengutachten-Streit. Sie kritisierte das Münsteraner Gutachten: Der dort angestellte Vergleich mit Containertransporten auf dem Rhein sei nicht relevant und das wirtschaftliche Potenzial der Region nur geschätzt worden, während die HWL-GmbH eine konkrete Unternehmensbefragung vor Ort durchgeführt habe, was sie für sinnvoller erachte. Der Rat der Gemeinde Bohmte prüfe zurzeit, einen neuen Bebauungsplan für den vor Gericht verfallenden Plan für den Containerhafen aufzustellen.
Landrätin Anna Kebschull erklärte, sie habe bislang keinen konkreten Hinweis für einen Zusammenhang der beiden Planungen finden können. Zu Beginn der B65-Planung sei nur eine Fahrspur pro Richtung vorgesehen gewesen, was gegen eine umfassende Schwerlastnutzung und somit eine gemeinsame Planung zusammen mit dem Hafenausbau sprechen würde. Sie würde einen Agrarhafen, wie er auf der Fläche des ehemaligen Hafens geplant sei, für relativ unkritisch halten. Zur Beurteilung der Containerhafenplanung fehlten ihr notwendige Informationen, sie würde sich aber einen Bahnanschluss des Hafens wünschen. Die Aussage, dass nur schwer beladene Container wirtschaftlich sinnvoll (zweilagig) transportiert werden könnten, fand sie irritierend.
Der Bad Essener Ratsherr Klaus Haasis kritisierte die Containerhafenkritik: Auch einlagige Containertransporte seien wirtschaftlich, er habe auf dem Rhein letztes Jahr sehr viele einlagig beladene Schiffe gesehen. Aufgrund seiner Ausbildung als Speditionskaufmann und als Bahnexperte würde er den Containerhafen begrüßen, ein Bahnanschluss sei kein Problem.
Wir haben versucht, die vorgebrachten Argumente in der Diskussion zu widerlegen: Die Aussage, nur ¼ des Verkehrs würde von der Brückenproblematik betroffen, widerspricht dem Niedersächsischen Hafenkonzept 2007. Die Stadtwerke Osnabrück haben einen konkreten Grund, einen neuen Standort zu suchen: Die Osnabrücker Schleusen sind für große Schiffe zu klein und sollen auch nicht ausgebaut werden. Der Hafen wird in Zukunft daher nicht nur für Containerschiffe zu klein sein, sondern auch für Massenguttransporte, was bedeutet, dass auch der übrige Umschlag dort infrage steht. Hauptumschlagsgut in Osnabrück ist Eisenschrott für das Stahlwerk Georgsmarienhütte. Der Schrott wird zurzeit mit der Hüttenbahn vom Osnabrücker Hafen nach GMHütte transportiert. Das wäre bei einer Verlagerung nach Bohmte nur per LKW über die neue B51 möglich.
Leider wurde die Diskussion mit der Begründung abgebrochen, es gehe um die B65 und nicht den Hafen.
Festzuhalten ist:
Die Planungen für den Containerhafen sind auch nach dem OVG-Urteil anscheinend noch nicht beendet. Die vorgebrachten Argumente für den Hafen hatten wir eigentlich schon lange widerlegt, z.B. in unserer Analyse der „Stellungnahme“ von Prof. Bode von der Hochschule Osnabrück, die wir allen betroffenen Ratsmitgliedern zugesandt hatten. Anscheinend ist sie nicht gelesen worden.
Das ist ärgerlich! Die beteiligten Politiker wollen mit dem Bohmter Hafenprojekt die Weichen für ein Projekt stellen, das weitreichende Folgen für die weitere Entwicklung der Region haben wird. Diese Weichen sollen auf umfassende Industrie- und Gewerbeansiedlungen gestellt werden, ohne Risiken, Vorteile, Folgen oder überhaupt eine Sinnhaftigkeit des Vorhabens darzustellen oder die damit verbundene Beteiligung der Bevölkerung zu berücksichtigen. Die stumpfe Weigerung, sich mit Gegenargumente zum Containerhafen auseinanderzusetzen und das Beharren auf bereits widerlegte Argumente, stärkt nicht gerade das Vertrauen in diese Planung. Wir fühlten uns schon sehr stark an die Diskussion mit dem vormaligen Landrat Lübbersmann am gleichen Ort in Bad Essen erinnert, der ebenfalls unsere Kritik nicht entkräften konnte, aber trotzig behauptete: „Ich weiß, dass der Hafen ein Erfolg wird“. Er wurde kurz darauf abgewählt.
Leider sind wir gar nicht dazu gekommen, eine mögliche Bündelung der Kräfte zu diskutieren. Wir wollten zeigen, wie viele Flächen seit dem Jahr 2006 entlang der B65 / B218 zwischen Bad Essen und Bramsche aus dem Naturpark „terra vita“ herausgenommen und für Gewerbeansiedlungen freigemacht wurden. Es scheint ein nichtöffentliches Konzept zu geben, den Industriestandort im Osnabrücker Hafen freizumachen, dafür aber vor den Toren der Stadt Osnabrück verstärkt Industrie und Gewerbe im Altkreis Wittlage anzusiedeln.
Darüber muss man reden!
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Polsterer (Donnerstag, 05 März 2020 12:15)
Das sind doch alles Verschwörungstheorien! Warum soll es eine Geheimsache sein einen Containerhafen zu bauen? Das ist Infrastrukturpolitik und kein Geheimnis! Und dient gleichzeitig den Klimaschutz, besser gehts doch gar nicht! Ihr seit doch nur dagegen weil ihr Hafenlärm in euer Nachbarschaf befürchtet! Purer Egoismus!
Goldesselin (Donnerstag, 05 März 2020 15:50)
Hallo Polsterer,
sag mir doch bitte mal, warum in Bohmte ein Containerhafen gebaut werden soll.
Weil da so viele Containerschiffe langfahren? Weil ein leerer Containerhafen prima als Volleyballfeld genutzt werden kann? Weil unsere Bauunternehmen dringend Aufträge brauchen? Weil ein Bierhefefabrikant aus Bramsche seinen eigenen Hafen schonen will? Weil ein Feinkeramikfabrikant aus Wehrendorf lieber seine Container nach Leckermühle fahren als direkt in Wehrendorf umschlagen will? Weil die nagelneue Containeranlage im Osnabrücker Hafen dringend Konkurrenz braucht? Weil es tolle Fotos mit freundlich lächelnden PolitikerInnen gibt, wenn sie den nagelneuen Containerhafen eröffnen? Weil die Kommunen zu viel Geld haben? Weil im Landkreis sonst die Lichter ausgehen? Weil die Wirtschaft das alleine nicht packen kann? Weil der Georg-Leber-Plan auch für Containerhäfen gilt? Weil ...
Frage (Samstag, 07 März 2020 10:11)
Was ist der Georg-Leber-Plan?
Antwort (Sonntag, 08 März 2020 21:04)
"Kein Bundesbürger soll weiter als 25 km von der nächsten Autobahnauffahrt entfernt wohnen." Georg Leber, SPD-Bundesverkehrsminister in den 1970er Jahren mit gigantischen Ausbauplänen für deutsche Autobahnen.
Interessiert (Dienstag, 10 März 2020 19:06)
Machen Sie auch solche Veranstaltungen als IG? Hat Ihre IG auch so viele Mitglieder wie die IG gegen die B65 bzw. Wieviele sind Sie in Ihrer IG?
Martin Becker (Mittwoch, 18 März 2020 10:59)
Nein, die BI gegen die Verlegung der B65 in Bad Essen hat es geschafft, weit mehr Menschen zu mobilisieren als wir. Es gibt aber auch einen Unterschied: Die lokale Politik und die lokalen Medien unterstützen die Bad Essener BI nach Kräften.
Das ist bei uns anders.
Bauer M (Samstag, 21 März 2020 11:34)
Zu "Polsterer" möchte ich noch etwas anmerken. Sie können jetzt natürlich der gesamten BI gegen die neue B65 genauso wie der Initiative " LKW´s raus aus Bohmte" Egoismus vorwerfen. Allerdings hat man hierzulande - im Gegensatz zu Ländern wie Russland oder China - die Möglichkeit und auch das Recht sich gegen die Zerstörung des eigenen Lebensraumes zu wehren. Und warum hat man seitens der Politik nicht die Pläne des privaten Hafenbetreibers zum Containerumschlag unterstützt?
Interessiert (Mittwoch, 25 März 2020 20:46)
Also bestehr Ihre BI nur aus ein paar direkt betroffenen?!
...wenn ich das richtig verstehe, sollen doch der Containerhafen und auch der Massenguthafen von Privaten betrieben werden?!