Aufschlussreiche Auseinandersetzung mit Bad Essener Ratsherrn
Am 3. März, noch in Corona-Vorzeit, hatte die Bad-Essener Initiative "Stoppt B65-neu" zur Mitgliederversammlung eingeladen.
Im Rahmen der Versammlung kam es u.a. zu einer Diskussion mit dem Bad Essener Ratsherrn Klaus Haasis (SPD), der den geplanten Containerhafen in Bohmte vehement verteidigte und uns vorwarf, mit unserer Argumentation "Nebelkerzen" zu werfen und das Projekt zu behindern.
Per E-Mail fand daraufhin eine lebhafte Diskussion statt, die wir hier mit seiner Einwilligung veröffentlichen, damit sich jederman und -frau ein eigenes Bild der ausgetauschten Argumente machen kann.
IG Oelinger Hafen
Iris Riepenhausen, Martin Becker
Mindener Str. 4, 49163 Bohmte
Herrn Klaus Haasis
Klusring 1
49152 Bad Essen – Eielstädt
6.3.2020
Sehr geehrter Herr Haasis,
wir beziehen uns auf die Diskussion am Dienstag, den 3. März in Bad Essen, bei der Sie uns vorgeworfen haben, „Nebelkerzen“ zu werfen. Sie bezogen sich dabei auf unseren Einwand der mangelnden Wirtschaftlichkeit des Containerhafen-Projekts. Sie hingegen konnten keine Unwirtschaftlichkeit erkennen, da Sie im letzten Jahr mehrere einlagig beladene Schiffe auf dem Rhein gesehen hätten, was nicht der Fall sein könnte, wenn das unwirtschaftlich wäre.
Wir haben unsere Position mehrfach belegt, zuletzt mit unserer Analyse der „Stellungnahme“ von Prof. Bode von der Hochschule Osnabrück. Wir hatten diese Analyse allen Beteiligten zur Verfügung gestellt. Auch der Gemeinde Bad Essen. Anscheinend ist diese Arbeit nicht bis zu Ihnen vorgedrungen, daher fügen wir Ihnen ein Exemplar bei. Wenn es Ihnen die Prüfung der Arbeit erleichtert, können Sie sie auch im Internet finden.
Bislang ist keine unserer Aussagen dieser Analyse widerlegt worden. Wir bitten Sie daher, Fehler oder Mängel unserer Arbeit anzuführen. Wenn Sie zu anderen Schlussfolgerungen kommen, bitten wir Sie, sie ebenfalls zu belegen. Wobei wir Ihren subjektiven Eindruck, dass auf dem Rhein einlagige Containertransporte stattfinden, nur bedingt als Beleg anerkennen würden. Er scheint uns doch arg subjektiv zu sein. Wann waren Sie denn am Rhein? Während des Niedrigwassers? Haben Sie dort mit Schiffern oder Reedereien gesprochen? Ihre Behauptung, einlagige Containertransporte seien wirtschaftlich, muss sich zudem der Frage stellen, warum Schifffahrtsverbände und –verwaltung eine Zweilagigkeit als notwendige Bedingung für Containertransporte fordern und warum es faktisch so gut wie keine Transporte auf einlagigen Strecken gibt. In den Jahresberichten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung werden die genauen Zahlen angeben, Sie finden Hinweise darauf ebenfalls in unserer Bode-Analyse.
Wir bitten Sie auch zu überlegen, ob Ihr Projekt, die Wittlager Kreisbahn für den Personenverkehr wieder zu reaktivieren, nicht auch bedeutet, dass dort auch Güter transportiert werden könnten. Bevor also eine neue Trasse nach Oelingen gebaut werden müsste, wäre es nicht erheblich einfacher, die bereits vorhandene zu nutzen? Auch führt sie an dem Hafen in Wehrendorf vorbei. Falls man also einen trimodalen Standort suchen würde, wäre er dort schon vorhanden. Und für die Fa. Argelith, die Sie als einen potenziellen Kunden des Hafens identifiziert haben, wäre der Weg dahin sehr viel kürzer.
Insgesamt sehen wir die „Nebelkerzen“ eher auf der Gegenseite, insbesondere die „Stellungnahme“ von Prof. Bode scheint uns erheblich mehr Unsicherheit als Klarheit zu verbreiten.
Weitere Informationen finden Sie auf unserer Internetseite. Wir möchte da insbesondere auf unseren Schriftwechsel mit der HWL-GmbH hinweisen.
Sehr gerne möchten wir Sie zu einem gemeinsamen Gespräch über das Thema einladen, machen Sie einfach einen Terminvorschlag.
Schöne Grüße
Iris Riepenhausen
Martin Becker
20.3.2020
Sehr geehrte Frau Riepenhausen, sehr geehrter Herr Becker!
Vielen Dank für Ihre Übersendung der o. a. Analyse, die Sie mit im Nachklang zu der Veranstaltung der BI gegen die Neutrassierung der B65 im Altkreis WTL zugesandt haben. Ich habe mir daraufhin auch noch einmal die Stellungnahme von Prof. Bode eingehend vorgenommen und mit Ihrer Analyse verglichen. Dabei ist mir besonders dieses aufgefallen:
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Sie arbeiten in Ihrer Analyse mit massiven Unterstellungen und Verdächtigungen Prof. Bode gegenüber. Das beginnt schon auf Seite 2 und findet auf Seite 22 seinen
Höhepunkt! Angesichts dessen frage ich mich, warum Sie eine derartige Verunglimpfung einsetzen. Diese Art der Auseinandersetzung erweckt mein Vertrauen jedenfalls nicht. Man sollte sich bei
der Auseinandersetzung über den Sinn oder Unsinn eines Hafens auf Sachargumente beschränken.
Im Gegensatz dazu habe ich in der Stellungnahme von Prof. Bode jene Nüchternheit wiedergefunden, die auch schon bei seinem Vortrag in Schwagstorf am 2.10.2019 zu Tage trat. Diese Nüchternheit erweckt auf jeden Fall mein grundsätzliches Vertrauen. - Die Argumente für und wider den Containerhafen Bohmte sind seit längerer Zeit immer wieder ausgetauscht worden. Wie sich solch ein Standort tatsächlich entwickeln würde, weiß niemand von uns; Sie nicht und ich auch nicht. Das immer wieder von Ihnen genannte Argument der Unwirtschaftlichkeit wegen der zur Zeit notwendigen Einlagigkeit in Richtung ZARA-Häfen wird in Bodes Stellungnahme m. E. logisch beantwortet. Was Sie und ihn vor allem trennt ist m. E. die unterschiedliche Auffassung des Zeitrahmens, im welchem die Brückenerhöhungen in Ri. ZARA-Häfen erfolgen könnten.
- Dass Prof Bode den weitaus größeren Anteil an möglichen Containerverkehren in Richtung HB/HH sieht, kann seine Stellungnahme m. E. mit der Befragung der als Kunden in Frage kommenden Firmen schlüssig beantworten.
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Ebenso kann seine Stellungnahme schlüssig begründen, warum gebrochene Verkehre (LKW bis Minden, ab da Binnenschiff) für die verladene Wirtschaft uninteressant
sind: Wer bis Minden den Container per LKW transportiert, schafft auch die übrige Strecke nach HB oder HH und wird das Umladen vermeiden.
Bei dem relativ kleinen Einzugsbereich der befragten Firmen, die als Kunden für Bohmte in Frage kommen, handelt es sich dagegen um kurze Wege zum Schiff! - Auf Seite 16 Ihrer Analyse sprechen Sie davon, es würden „Vorwürfe laut, dass es eigentlich um die Verlagerung der Binnenschiffsverkehre des Osnabrücker Hafens nach Bohmte gehe.“ In der Festschrift zum hundertjährigen Bestehens des Osnabrücker Hafens „100 Jahre Hafen Geschichte(n) 1916-2016“ steht der Beitrag „Die große Stunde der Wasserstraße seht uns noch bevor. Dr. Stephan Rolfes, …, im Interview“. Dort wird auf S. 155 Dr. Rolfes gefragt: „In Bohmte soll ein neuer Kanalhafen entstehen. Wird Osnabrück da nicht das Wasser abgegraben?“ Seine Antwort: „Im Gegenteil. Wir müssen in der Region alle Optionen nutzen. Für Schiffsverkehre, die nicht den Stichkanal und die Stadt zum Ziel haben, ist eine Alternative unmittelbar am Mittellandkanal eine zusätzliche Chance. Die zwei Standorte ergänzen sich wunderbar.“ Er nimmt dann noch Stellung zum Platzproblem im Hafen OS und fährt fort: „Aber in Bohmte gibt es dieses Platzproblem nicht. Diese Chance müssen wir nutzen. Und wenn es einen Linienverkehr gibt, werden diese Schiffe wohl kaum in den Stickkanal und zurück fahren, das dauert den Betreibern zu lange. Aber ein ergänzender Hafen in Bohmte bietet uns die Chance, Container zuzuladen oder zu entladen.“ All das deckt sich mit den Aussagen von Prof Bode, der das Binnenschiff als „Ersatztransporteur“ für die bei der DB wegfallenden Einzelverkehre sieht, was Sie ja auf Seite 20 Ihrer Analyse massiv in Frage stellen.
- Gerade aus diesen Äußerungen Dr. Rolfes‘ ergibt sich, dass das Binnenschiff der einzige Verkehrsträger ist, der in Zukunft noch freie Kapazitäten besitzt. Die Bahn ist jetzt schon überlastet; die Bundesmittel, die jetzt freigegeben werden, reichen kaum aus, um das marode Netz zu modernisieren. Und dass die Straße überlastet ist, werden Sie ja sicher auch so sehen wie ich! Bohmte und OS, EIN Hafen an ZWEI Standorten, das ist ein Satz, den ich schon vor Jahren z. B. aus Kreisen der Hafenbahn hörte. Wenn dem aber so sein sollte, dann erübrigen sich auch alle Ihre Bedenken in Richtung ZARA-Häfen. Oder „spinnt“ ein Dr. Rolfes etwa und weiß nicht um die Höhe der Brücken in dieser Richtung? Offensichtlich wissen Dr. Rolfes und Prof. Bode um Zukunftspläne der Verkehrspolitik, die ich durchaus auch gerne besser kennenlernen möchte, die aber auch bei nur oberflächlicher Kenntnis insofern Sinn machen, als allein auf der Wasserstraße noch zusätzlicher Platz für zusätzliche Transportkapazitäten besteht. Mag auch in Zeiten von Corona der Welthandel zurückgehen, so kann ich mir kaum vorstellen, dass dieser durch die Epidemie erzwungene Rückgang von langer Dauer sein wird.
- Zu den Aussagen von Dr. Rolfes passen auch sehr gut die Stellungnahmen der IHK OS zum Kanalhafen Bohmte. Oder sind das alles Gefälligkeitsaussagen? Kann ich nicht glauben.
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So oder so, sollten die Häfen (Schüttgut- und Container-) doch noch Realität werden, muss unbedingt die Trimodalität gewährleistet sein. Zumindest die Planungen
sollten ein Anschlussgleis vorsehen, so dass dieses bei Bedarf schnell errichtet werden kann.
Der Hafen Wehrendorf besitzt schon ein solches Anschlussgleis, ist aber zu klein für einen Containerhafen, so dass sich Ihre Überlegungen dahingehend (leider!) erübrigen. - Abschließend bleibt bei mir eine Frage übrig, die zumindest formal Ihrer auf S. 22 gestellten Frage ähnelt: Warum verwenden Sie so viel Energie darauf, diesen Hafen zu verhindern? Warum soll immer alles nur schön beim Alten bleiben und nicht Neues, Innovatives, Zukunftsweisendes entstehen?
Wie Sie sehen, erscheint mir Ihre Analyse und Gegenrede zu Prof. Bodes Stellungnahme nicht schlüssig. Nicht zuletzt die persönlichen Verdächtigungen führen dazu, dass ich Ihre Erkenntnisse nicht teilen kann. Da müssten Sie mir dann schon überzeugendere Argumente liefern. Vielleicht sind Sie ja dazu in der Lage, aber vielleicht waren Ihre Bemühungen ja auch „erfolgreich“ und der Containerhafen Bohmte geht in den Auseindandersetzungen um sein Für und Wider unter.
Mit freundlichem Gruß!
Klaus Haasis, Klusring 1, 49152 Bad Essen, Klusring 1, Telefon (05472) 954208, Mobil: 0174-9190130
PS: Einlagige Containerschiffe habe ich auch zwei Rheinkreuzfahrten gesehen. Die letzte Fahrt fand von Köln bis Antwerpen und zurück über Sylvester/Neujahr 2019/2020 statt. Auch da habe ich einige Binnenschiffe mit einlagiger Containerfracht bemerkt. Leider hat es mit einem Foto nicht geklappt. K. H.
IG Oelinger Hafen
Iris Riepenhausen, Martin Becker
Mindener Str. 4, 49163 Bohmte
Herrn Klaus Haasis
Klusring 1
49152 Bad Essen
Bohmte, 29.3.2020
Sehr geehrter Herr Haasis,
wir bedanken uns sehr für Ihre Antwort, auch wenn wir Ihnen nicht in allen Punkten folgen können.
Wir haben uns bei unserer Analyse der „Stellungnahme“ von Prof. Bode an die Vorgehensweise gehalten, die sich in der Wissenschaft bewährt hat: Quellen und Belege offenzulegen, damit sie nachprüfbar, Schlussfolgerungen mitsamt Argumentationslinien darzulegen, damit sie nachvollziehbar sind, und Aussagen, die aus Dritter Hand kommen, einer quellenkrischen Prüfung zu unterziehen, um sie besser einordnen zu können.
Die von Ihnen bemängelte Seite 2 unserer Analyse ist eine solche quellenkritische Einordnung der Aussagen von Prof. Bode. Dazu haben wir die Einrichtungen recherchiert, mit denen, bzw. für die er arbeitet, und haben eine große Nähe zu Einrichtungen gefunden, die direkt an dem geplanten Containerhafen in Bohmte beteiligt sind, ihn teilweise sogar initiiert haben. Daraus ergibt sich ein Interessenskonflikt, der von ihm leider nicht dargestellt wurde, was aber hilfreich, eigentlich sogar notwendig gewesen wäre, um seine Stellungnahme einordnen zu können. Auch stellt er nicht dar, wer Auftraggeber seiner Erklärung ist.
Die von Ihnen ebenfalls bemängelte S. 22 ist die direkte Schlussfolgerung unserer Beweisführung auf den Seiten 3-21. Wenn Sie also mit unserer Schlussfolgerung nicht einverstanden sind, bitten wir Sie, entweder unsere Beweisführung zu widerlegen, oder darzulegen, dass unsere Schlussfolgerung falsch ist.
Dass Ihnen unser Stil nicht gefällt, weil er nicht „nüchtern“ genug ist, wundert uns. Wir denken, gerade bei dieser Arbeit sehr nüchtern und sehr sachlich vorgegangen zu sein. Aber vielleicht wirkt der Text auf Sie so, weil wir nahezu alle Aussagen von Herrn Bode verwerfen und eine klare Sprache sprechen. Das tun wir aber nicht aus Bosheit, sondern weil wir sachliche Gründe dafür gefunden haben. Wir haben jedes seiner Argumente nüchtern und sachlich geprüft und daraufhin ein klares Urteil gefällt.
Gerade die Sachlichkeit, die Sie einfordern, können wir hingegen in der Stellungnahme von Herrn Bode nicht erkennen, im Gegenteil, wir konnten beweisen, dass sie im hohen Maße unsachlich ist. Der von Ihnen erwähnte Vortrag war leider nichtöffentlich (was wir damals sehr kritisiert hatten). Selbst wenn Herr Prof. Bode dort mit großer Souveränität referiert haben sollte, ändert das aber nichts an den inhaltlichen Mängeln seiner schriftlichen Stellungnahme. Und nur darauf können wir uns beziehen.
Wir stimmen Ihnen zu, dass heute niemand wissen kann, ob der geplante Containerhafen in Zukunft tatsächlich erfolgreich sein wird oder nicht. Weil es aber um eine große Investition mit erheblichen öffentlichen Geldern und weitreichenden Folgen geht, und weil große Risiken bestehen, scheint eine möglichst realistische Annäherung an diese Frage dringend geboten. Weder Risikobewusstsein noch Realitätsnähe können wir in Bodes Stellungnahme erkennen.
Beispielsweise bei der Frage der zweilagigen Erreichbarkeit der ZARA-Häfen, die von Herrn Bode und uns unterschiedlich beantwortet wird. Doch eigentlich kann es dazu keine zwei Meinungen geben: Im Bundesverkehrswegeplan 2030 wurden Brückenanhebungen auf der Strecke „auf Basis der Vorüberlegungen ausgeschieden“, stattdessen sollen niedrige Brücken erst nach Erreichen ihrer natürlichen Altersgrenze durch höhere ersetzt werden. Wir haben in unserer Analyse die Baujahre der betroffenen Brücken dargestellt. Aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen und Bauwerkserhaltungsmaßnahmen können Brückenbauwerke locker zwischen 50 und 100 Jahre erreichen. Herr Bode berichtet hingegen lediglich nur vom Ausbau des Dortmund-Ems-Kanals im Stadtgebiet Münster, der 2024/2026 abgeschlossen sein solle, parallel zur Fertigstellung des geplanten Containerhafens in Bohmte, womit er eine planerische Punktlandung andeutet. Doch Münster ist nicht das einzige Nadelöhr auf der Strecke und zu den übrigen Brücken schreibt er nichts. Letztlich trifft er überhaupt keine Aussage darüber, wann eine uneingeschränkte Zweilagigkeit erreicht sein wird, er suggeriert dies nur. Das ist hochgradig unsachlich.
Leider gehen Sie nicht auf die weiteren Unsachlichkeiten oder Fehler ein, die wir Herrn Bode nachgewiesen haben. Beispielsweise die falsche Berechnung von Containergewichten, die Vertauschung von Volumen und Gewicht, der Widerspruch zu früheren Aussagen, die Deklaration einer Unternehmensbefragung als Wirtschaftlichkeitsberechnung oder die Diskrepanz seiner Aussagen zu den tatsächlichen Zahlen, nachzulesen in den Verkehrsberichten der WSV.
Stattdessen zitieren Sie Stadtwerke-Vorstand Dr. Rolfes aus einer von ihm selbst herausgegebenen Festschrift. Herr Rolfes will den geplanten Hafen in Bohmte als Ergänzung, nicht als Konkurrenz zu seinem Osnabrücker Hafen versteht. Dieses Urteil ist äußerst fragwürdig, denn weil Land und Bund sich weigern, die Schleusen des Osnabrücker Stichkanals zu vergrößern, wird der Osnabrücker Stadthafen in Zukunft nicht mehr konkurrenzfähig sein. Wollen die Stadtwerke also im Hafengeschäft bleiben, bleibt ihnen gar nichts anderes übrig, als auf einen anderen Standort auszuweichen. Herr Rolfes wäre ein schlechter Vorstand, würde er keinen Ausweg suchen.
Mit der Stadtwerke-„Machbarkeitsstudie“ 2008 hat er genau dies getan und Bohmte-Oelingen als Standort auserkoren. Die „Machbarkeitsstudie“ ist leider nicht öffentlich, der damalige Bürgermeister Goedejohann hat jedoch versprochen, dass man sie im Bohmter Rathaus auf Verlangen einsehen könne. Wenn Sie das tun, können Sie erkennen, dass es sich nicht nur um eine kleine Ergänzung des Osnabrücker Hafens handelt, sondern um einen richtig großen Hafen mit 17 (!) Liegeplätzen und ca. 200 Hektar Hafenfläche. Dr. Rolfes Aussage, der Hafen in Bohmte sei nur eine Ergänzung zum Osnabrücker Hafen, macht daher eher umgekehrt Sinn: der Osnabrücker Hafen würde (falls er überhaupt noch weiter von der gewerblichen Schifffahrt genutzt wird) zu einer Ergänzung des Bohmter Projekts degradiert werden.
Das Bohmter Projekt wird zwar von der HWL-GmbH, also den daran beteiligten Kommunen und dem Kreis Osnabrück entwickelt, mit der geplanten Einsetzung der Eisenbahn- und Hafenbetriebsgesellschaft mbH (EHB-GmbH, inzwischen ein 100%iges Tochterunternehmen der Stadtwerke Osnabrück AG) als Betreiberin oder Vermieterin des Bohmter Hafenprojekts sollen die Osnabrücker Stadtwerke den alleinigen Zugriff auf den Bohmter Hafen erhalten (s.u.). Faktisch läuft das auf eine Hafenverlagerung von Osnabrück nach Bohmte hinaus. Wir bewerten die Aussage Rolfes daher als Schutzbehauptung, um diese Pläne nicht zu gefährden.
Die Stadt Osnabrück hat ihrerseits begonnen, das Gelände des Stadthafens und Teile der angrenzenden Winkelhausen-Kaserne zu einem „Kreativquartier“ umzubauen. Große Zukunftschancen für den gewerblichen Binnenschiffsverkehr werden auch da anscheinend nicht gesehen. Im Gegenteil: Osnabrücks Oberbürgermeister Griesert empfahl auf dem von Ihnen erwähnten Hafenjubiläum „einen ganz neuen Blick auf den Hafen als Stadtteil Osnabrücks“ zu werfen, immerhin liege das Wendebecken lediglich 2 km vom Rathaus entfernt. Das hört sich eher nicht nach einer weiteren gewerblich-industriellen Hafennutzung an.
Ihre Aussage, der Hafen in Wehrendorf sei zu klein für einen Containerhafen, verstehen wir nicht. Für den Containerhafen in Bohmte ist ein „Umschlagufer“ (Kaimauer) von 165 Metern Länge geplant. Der Hafen in Wehrendorf hat eine Kaimauer von 328 Metern (der ehemalige Zerhusen-Hafen in Leckermühle hat nur 256 Meter). Der Containerhafen würde also ziemlich genau die Hälfte der Kaimauer in Wehrendorf in Anspruch nehmen. Aber da der geplante Containerhafen sowieso auf bisher grüner Wiese zusätzlich zum bestehenden Hafen entstehen soll, ist dessen Größe eigentlich kein Kriterium, diese Wiese könnte überall am Kanal sein, natürlich auch in Wehrendorf. Dort bestünde zudem der Bahnanschluss, der in Oelingen erst noch über eine weite Strecke mit zusätzlichem Flächenaufkauf gebaut werden müsste. (Eine Frage an Sie als Eisenbahnexperten: Könnten Sie uns bitte mögliche Streckenführungen in eine Karte einzeichnen? Wenn möglich auch mit Steigungsangaben?)
Aber wir wollen hier nicht zwei Standorte gegeneinander ausspielen, sondern darstellen, dass die Standortentscheidung für Leckermühle / Oelingen nicht aufgrund der besseren Verkehrsanschlussmöglichkeiten, sondern aufgrund der Machbarkeitsstudie 2008 nach den Kriterien der Stadtwerke Osnabrück AG getroffen wurde, die aktuell eher wenig Interesse an einem Konkurrenz-Bahnumschlag in Bohmte haben wird, weil sie in Osnabrück eine KV-Anlage für den Bahn-LKW-Umschlag baut.
Unsere Kritik an der Unternehmensbefragung scheint bei Ihnen kein Echo gefunden zu haben. Die vorgestellte Unternehmensbefragung hat deutliche Mängel und scheint als Grundlage für eine solch weitreichende Investition bei weitem nicht auszureichen, u.a. weil sie nur eine Seite des Projekts betrachtet: Die Bedarfseite. Die Angebotsseite, also die tatsächlichen Möglichkeiten, Schwierigkeiten und Kosten von Transporten, werden dadurch nicht berücksichtigt. Dieser Mangel ist evident. Denn wenn es tatsächlich einen solch großen Bedarf an Containertransporten per Binnenschiff geben sollte, wie die Befragung darstellt, warum finden sie dann nicht statt? Immerhin liegen 8 von 13 dieser Unternehmen fast direkt am Kanal und könnten ihn jetzt schon nutzen. Hafenkapazitäten sind reichlich vorhanden: Zwischen Recke im Westen und Hille im Osten befindet sich durchschnittlich alle 6,3 km ein Hafen, an dem Container umgeschlagen werden könnten. Viele von denen auch mit Bahnanschluss. Auch die HWL-GmbH, die ihren sehr, sehr teuer gekauften Hafen in Leckermühle seit 4 Jahren brachliegen lässt, könnte dort schon mal mit dem Geschäft beginnen – sie müsste es sogar, um den angeblich ermittelten Bedarf und ihr Engagement dafür halbwegs glaubhaft erscheinen zu lassen.
Jedoch: Fehlanzeige. Westlich von Minden findet so gut wie kein Containerumschlag in den umliegenden Häfen statt, in Leckermühle findet seit 2016 überhaupt kein Warenumschlag mehr statt.
Was uns zu der Schlussfolgerung führt, dass entweder der Bedarf doch nicht so groß ist, wie die Unternehmensbefragung ergab, oder dass es zwar einen Bedarf gibt, aber auch sehr starke Hinderungsgründe (z.B. zu niedrige Brücken, zu hohe Kosten, zu lange Transportzeiten, unattraktive Strecke, Konkurrenz von anderen Verkehrsträgern, …). Oder beides: Die Befragung hat einen (viel) zu hohen Bedarf ermittelt, was aber letztlich egal ist, weil die Containerbeförderung per Binnenschiff an anderen Faktoren scheitert. Aus verschiedenen Gründen scheinen Binnenschiffe an diesem Standort nicht konkurrenzfähig zu sein. Die tatsächlichen Zahlen westlich von Minden sprechen da eine eindeutige Sprache.
Übrigens trifft die veröffentlichte Unternehmensbefragung keine Aussage zur Ost-West-Verteilung der ermittelten Verkehre, es wird lediglich erwähnt, dass als „Relationen“ sowohl „Hamburg/Bremerhaven“ als auch „Westhäfen“ festgestellt wurden. (https://www.hafen-bohmte.de/images/pdf/2019-10-01%20railistics%20Potenziale%20Containerhafen%20Bohmte.pdf).
Auf die Frage, ob die Bahn tatsächlich keine Kapazitäten mehr für den Güterverkehr freihat, möchten wir mit einem ähnlichen Argument antworten, wie Sie zu einlagigen Schiffen auf dem Rhein vorgebracht haben: Unser Haus in Oelingen liegt 72 Meter von der Bahnstrecke Osnabrück-Bremen entfernt, wir können dort relativ große Zeiten ohne jeglichen Zugverkehr feststellen. Ich, Martin Becker, habe mal in Königswinter am Rhein gewohnt. Da war die Taktung des Zugverkehrs durchs Rheintal erheblich höher.
Ihrem Hinweis, dass von allen Verkehrsträgern das Binnenschiff noch Kapazitäten frei habe, stimmen wir grundsätzlich zu. Bei genauer Betrachtung der Situation zeigt sich jedoch, dass diese Kapazitäten nicht uneingeschränkt gelten. Der Schwer- und Massenguttransport könnte tatsächlich relativ problemlos erweitert werden. Containertransporte hingegen nicht, denn der Containertransport stellt besondere Ansprüche an das Revier. Ausschlaggebend sind hier vor allem die Brückenhöhen, denn in der Containerbinnenschifffahrt ist der limitierende Faktor nicht das Ladungsgewicht, sondern die Ladungsgröße.
Zu Ihrer Frage, warum wir so viel Energie darauf verwenden, den Hafen zu verhindern, möchten wir die Bundeskanzlerin zitieren: In ihrer Fernsehansprache zur Corona-Krise letzte Woche erklärte sie, dass es zu offenen Demokratien gehöre, dass Regierungen ihr Handeln „transparent“ machen, „gut begründen und kommunizieren“, damit es „nachvollziehbar“ sei. Hier beim geplanten Containerhafen haben sich die „Regierungen“ lokaler und regionaler Ebene zusammengetan, um ein vollkommen intransparentes, schlecht begründetes Projekt an der Bevölkerung vorbei durchzuziehen, ohne die Karten auf den Tisch zu legen, was denn wirklich damit beabsichtigt ist.
Betrachtet man die Angelegenheit nüchtern, macht der geplante Containerhafen wirtschaftlich keinen Sinn. Wir fragen uns daher, warum trotzdem mit so großer Vehemenz daran festgehalten wird. Bezieht man die starke Berücksichtigung der Stadtwerke Osnabrück AG bei dem Projekt mit ein (Schleusenproblematik in Osnabrück, Machbarkeitsstudie 2008, EHB-GmbH), wird sehr wahrscheinlich, dass die Hafenverlagerung von Osnabrück nach Bohmte dahinter steckt. Damit verbunden wäre eine Verlagerung der davon abhängigen Industrien. Bohmte würde der industrielle Vorort von Osnabrück werden. Dazu passen auch die Straßenausbauprojekt B65 und vor allem B51, sowie weitere Industrieansiedlungen in der Region, z.B. Häcker-Küchen und aktuelle Erweiterung des Gewerbegebiets „Venner Esch“ in Ostercappeln. Die Gewerbeflächenentwicklungskonzepte für den Landkreis Osnabrück 2000, 2008, 2017 und die Bereiche, die vorsorglich einer gewerblichen Nutzung aus dem Naturpark gelöscht wurden, bestätigen diese Befürchtung. Der gesamte Altkreis wäre betroffen. Auch Bad Essen.
Solch weitreichende Veränderungen können nicht durch Hinterzimmerpolitik erreicht werden, indem man mit einem Containerhafen, den man kurzerhand mit einer nicht nachprüfbaren und nicht nachvollziehbaren lokalen Unternehmensbefragung legitimiert, schon mal den Fuß in die Tür stellt. Das muss mit allen Betroffenen und Beteiligten offen diskutiert werden. Da schließen wir uns der Kanzlerin mit großem Einvernehmen an.
Die von der Kanzlerin in solchen Situationen geforderte Kommunikation fand in den letzten Jahren leider nur sehr, sehr rudimentär statt, inzwischen gar nicht mehr. Den Stand der Diskussion können Sie unter: https://www.containerhafen-bohmte.de/2018/08/08/antworten-die-fragen-aufwerfen/ einsehen. Wir haben darauf keine weitere Antwort mehr bekommen.
Eine kurze Frage noch, dürfen wir diese Korrespondenz auf unserer Internetseite veröffentlichen?
Schöne Grüße
Iris Riepenhausen, Martin Becker
9.4.2020
Sehr geehrte Frau Riepenhausen, sehr geehrter Herr Becker!
Sie haben nun noch einmal sehr ausführlich zu meiner Mail Stellung genommen. Aber darauf nun noch einmal im Einzelnen zu antworten, erscheint mir wenig hilfreich. Und zwar deshalb, weil sich unsere Argumente zum größten Teile wiederholen würden. Ersichtlich wird, dass vieles davon abhängt, wie glaubwürdig oder interessengeleitet man einen Gutachter ansieht. Und hier fällt nun einmal die Beurteilung etwa von Prof Bode unterschiedlich aus. Wer da nun die richtige Einschätzung hat, wird die Zukunft erweisen, wenn denn überhaupt jemals das Projekt verwirklicht werden wird.
Einige wenige Punkte, möchte ich aber doch noch anmerken:
- In Wehrendorf ist die Anlegestelle deshalb nicht geeignet, weil man hier zwei Firmen, die unmittelbar am Hafen liegen, umsiedeln müsste. Mir ist nicht bekannt, dass jemand die Holzhandels-, aber auch die Baustahlfirma gefragt hat, ob sie dazu bereit wären.
- Wie man ein mögliches Anschlussgleis plant, überlasse ich den Fachleuten. Als gelernter Speditionskaufmann weiß, dass solch ein Anschluss sinnvoll ist. Wie man es aber dann genau verlegt, ist Sache von Ingenieuren.
- Was wäre denn nun so schlimm, wenn sich der Hafen Leckermühle tatsächlich in die von Ihnen erwartete Richtung entwickelte. Der Großteil der Bevölkerung lebt nicht mehr von der Landwirtschaft. Und die moderne Industriegesellschaft braucht nun einmal die entsprechende Infrastruktur. Das heißt nicht, dass ich da mehr wüsste, als das, was ich Ihnen bereits geschrieben habe. Da müssten Sie diesbezüglich schon mit Dr. Rolfes sprechen. Meine Frage ist eben mehr grundsätzlicher Natur.
Einer Veröffentlichung unserer Korrespondenz auf Ihrer Homepage stimme ich nicht zu. Von mir aus können Sie aber in einem Satz schreiben, dass es zwischen Ihnen und mir eine schriftliche Auseinandersetzung in Bezug auf die Stellungnahme von Prof Bode gegeben hat. Wer die einsehen will, möge sich dann persönlich bei mir melden.
Frohe, wenn auch ungewöhnliche Ostern und BSG (der neue Gruß: Bleiben Sie gesund!)
Klaus Haasis
IG Oelinger Hafen
Iris Riepenhausen, Martin Becker
Mindener Str. 4, 49163 Bohmte
Herrn Klaus Haasis
Klusring 1
49152 Bad Essen
(khaasis@gmx.de)
Bohmte, 22.4.2020
Sehr geehrter Herr Haasis,
vielen Dank für Ihre freundliche Antwort. Allerdings können wir Ihnen auch diesmal wieder nicht uneingeschränkt folgen.
Sie schreiben, dass unsere unterschiedlichen Beurteilungen des Projekts von den unterschiedlichen Bewertungen der Gutachter abhängen. Letztendlich könne man aber erst wissen, wer Recht habe, wenn das Projekt verwirklicht worden sei.
Wir hatten Ihnen bereits am 29.3. geschrieben, dass bei einer Investition von solcher Tragweite eine möglichst realistische Prognose unerlässlich ist. Ein Schuss ins Blaue wäre unverantwortlich. Die HWL-GmbH hat aber lediglich eine regionale Unternehmensbefragung durchgeführt, die weitgehend nichtöffentlich, nicht bindend und mangelhaft ist, und die entgegen der HWL-Behauptungen nie extern geprüft wurde (Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 23.9.2014). Ein objektives Gutachten, das zumindest grundlegende Kriterien einhält, die an ein solches Gutachten gestellt werden müssen, hat sie nie vorgelegt. Die „Stellungnahme“ von Prof. Bode ist ebenfalls kein Gutachten, sondern lediglich eine Stellungnahme, wie er selbst (aus gutem Grund) schreibt. Noch dazu eine, die wir sachlich in allen Punkten widerlegen konnten.
Es gibt also gar keinen Gutachterstreit, es gibt lediglich ein einziges wissenschaftliches Gutachten, das der Uni Münster. Und das spricht sich gegen einen Containerhafen in Bohmte aus.
Selbst wenn man die HWL-Unternehmensbefragung und die Stellungnahme von Prof. Bode als Gutachten anerkennen würde, wären diese durch unsere Kritik enorm beschädigt. Würden Sie sich trotzdem darauf berufen, müssten Sie also entweder unsere Kritik widerlegen, oder Sie setzen sich dem Vorwurf einer unsachgemäßen Entscheidung aus. Da Sie unserer Kritik ausweichen, beurteilen wir Ihre Zustimmung zu dem Projekt als unsachlich. Was im Übrigen natürlich nicht nur für Sie, sondern für alle Befürworter des Containerhafens gilt.
Noch einmal: Die HWL-GmbH hat bislang kein objektives, nachprüfbares Gutachten für den geplanten Containerhafen in Bohmte vorgelegt. Weder die Unternehmensbefragung noch die Stellungnahme von Prof. Bode erfüllen diese Anforderung. Zusätzlich sind diese beiden Arbeiten sachlich sehr grundlegend infrage gestellt worden. Im Gegenzug kommt das Gutachten der Uni Münster zu einer negativen Beurteilung des Hafenprojekts. Warum also halten Sie weiterhin so vehement daran fest?
Wir hatten Ihnen ebenfalls geschrieben, dass der geplante Containerhafen auf bislang grüner Wiese zusätzlich zum Bestandshafen entstehen soll. Ihr Argument, in Wehrendorf müssten Firmen umgesiedelt werden, falls der Hafen dort entstehen würde, greift also nicht. Außerdem stand der Hafen in Wehrendorf, zumindest das Max-Wagner-Gelände genau zu der Zeit zum Verkauf, in der die HWL-GmbH den Zerhusen-Hafen in Leckermühle gekauft und stillgelegt hat. Es hätte also durchaus eine Gelegenheit gegeben, sich dort anzusiedeln, wahrscheinlich sogar finanziell erheblich günstiger. Stattdessen hat es anscheinend eine sehr willige Bereitschaft gegeben, einen bestehenden Betrieb rücksichtslos zu liquidieren (s. Anhang). Fürsorge, wie Sie gegenüber den Betrieben in Wehrendorf haben, hat es in Leckermühle leider nie gegeben.
Sie ziehen sich auf den Standpunkt zurück, einen Bahnanschluss zu fordern, aber fachlich nicht planen zu können. Das ist ein sehr problematischer Standpunkt, denn Sie verlangen etwas, dessen Tragweite Sie anderen überlassen. In dieser Situation ist es üblich, Möglichkeiten und Kosten von Fachleuten prüfen zu lassen, bevor man Forderung danach stellt bzw. Hoffnung darauf verkündet. Alles andere wäre abenteuerlich.
Ihre Frage, warum wir uns denn überhaupt gegen einen industriellen Umbau der Region stellen würden, denken wir ebenfalls bereits beantwortet zu haben. Gerne aber noch einmal: Wir fordern ein offenes und ehrliches Verfahren, bei dem alle Ziele der Planung auf den Tisch kommen und von allen Betroffenen verlässlich und aufrichtig diskutiert und abgestimmt werden können. Und keine Hinterzimmerabsprachen, vorgeschobene Wirtschaftsprojekte mit abwegigen Erwartungen und dahinter verborgene Absichten zum Umbau einer ganzen Region. Wir möchten ganz einfach nicht belogen werden. Wenn schon jemand das gesamte Wittlager Land verschandeln will, dann nicht ohne unsere Zustimmung!
Sie haben uns gebeten, diese Korrespondenz nicht zu veröffentlichen. Dürfen wir unseren Teil ins Netz stellen und auf Ihre Schreiben verweisen, indem wir Ihre E-Mail-Adresse anfügen und mitteilen, dass Anfragen an Sie möglich sind?
Schöne Grüße
Iris Riepenhausen, Martin Becker
29.4.2020
Sehr geehrte Frau Riepenhausen, sehr geehrter Herr Becker!
Ich habe lange überlegt, ob ich noch einmal auf Ihr Schreiben vom 22.4.2020 antworten soll, weil sich die Argumentation nun offensichtlich im Kreise dreht. Dabei halte ich einen der letzten Sätze in Ihrem zweiseitigen Brief für bezeichnend: Wenn schon jemand das gesamte Wittlager Land verschandeln will, dann nicht ohne unsere Zustimmung!
Welch eine grandiose Übertreibung: Das gesamte Wittlager Land! Selbst wenn der Hafenstandort Bohmte die meisten Aufgaben des jetzigen Stadthafens Osnabrück übernähme (man beachte den Konjunktiv!), frage ich, wieso ein Hafen grundsätzlich die Verschandelung einer Landschaft darstellte. Immerhin sind viele Hafenstandorte touristische Hotspots. Und das wären sie sicher nicht, wenn ein Hafen die Landschaft verschandelte.
Und selbst wenn ein Hafenneubau in Bohmte tatsächlich zu einem Schandfleck würde, so wäre dieses Terrain noch lange nicht das gesamte Wittlager Land!
Um es ganz deutlich zu sagen, natürlich bin ich gegen jede Verschandelung der Gegend im allgemeinen und des Wittlager Landes im Besonderen. Ich möchte Ihnen an Ihrer völlig übertriebenen Formulierung nur klarmachen, dass eine Diskussion angesichts derartiger Übertreibungen für mich nichts bringt. Meiner Meinung nach, hätten Sie den Satz auch so formulieren können: „Wir wollen das Ding einfach nicht; basta!“
Jedenfalls finde ich diese Übertreibungen auch anderswo in Ihrem Schreiben. Eine gemeinsame VA-Sitzung, zu der alle Ratsmitglieder der drei Wittlager Gemeinden nicht nur als stille Zuhörer zugelassen worden sind, hat für mich einen hohen Öffentlichkeitscharakter und meiner Auffassung nach in keinem Fall den Charakter von Hinterzimmerabsprachen. Auch so ein Begriff, der m. E. nicht angebracht ist.
Bei dem drittletzten Absatz Ihres Briefes wusste ich auch nicht, ob ich lachen oder mich ärgern sollte. Letzten Endes habe ich mich für Letzteres entschieden; denn es ist m. E. schon ziemlich unverschämt, mir vorzuwerfen, einen Bahnanschluss zu fordern, aber fachlich nicht planen zu können. Das ist ein sehr problematischer Standpunkt, denn Sie verlangen etwas, dessen Tragweite Sie anderen überlassen .
Selbst als der große Eisenbahnpionier Friederich List 1833 sein Konzept für ein deutsches Eisenbahnnetz vorlegte, hat er nicht mehr, aber auch nicht weniger, als eine Skizze vorgelegt, die dann ja auch mehr oder weniger zum Rückgrat des Eisenbahnnetzes wurde und gewissermaßen bis heute Bestand hat. Aber mir ist nicht bekannt, dass List dabei detaillierte Baupläne und ins Einzelne gehende Kostenberechnungen angestellt hätte, was wohl schon deshalb nicht möglich war, weil noch kein Meter Schienenstrecke im Gebiert der damaligen deutschen Länder verlegt worden war.
Ich habe auch nicht mehr, aber auch nicht weniger gefordert, als grundsätzlich bei einem Neubau des Bohmter Hafens einen Gleisanschluss wenigstens zu planen. Dabei ist das noch nicht einmal eine originale Idee von mir, da will ich mich nicht mit fremden Federn schmücken. Wenn es dann zu solchen Planungen käme, sind derartig viele Einzelheiten zu berücksichtigen, dass sich damit ein Heer von Fachleuten beschäftigen müsste.
Dennoch bleibe ich bei meiner Forderung, bei einem Hafenausbau den Gleisanschluss zu planen/zu berücksichtigen. Das ist nicht abenteuerlich, sondern das ist so, wie es ist, ein ganz normaler Vorgang: Zuerst gibt es eine Idee, für die man sich einsetzen kann, und dann beginnen irgendwann die immer konkreter werdenden Planungen, die eines Tages u. U. sogar zur Verwirklichung führen (können).
Dass Sie einen solchen ganz normalen Vorgang als abenteuerlich diffamieren, zeigt zumindest mir, dass Sie nur ein Ziel verfolgen, Ihren Standpunkt als den allein wahren darzustellen. Und was soll man schon gegen jemand ausrichten, der derartig von der Wahrheit seines Anliegens überzeugt ist? Meine Erfahrung ist jedenfalls, dass man in dem Falle keine weiteren Kräfte verschwenden sollte, zumal ja im Moment und vielleicht noch lange darüber hinaus die ganze Angelegenheit auf Eis liegt.
Was ich übrigens mit der Kopie der Mailverkehrs Zerhusen-Schimbeck anfangen soll, hat sich mir nicht erschlossen. Insofern verstehe ich nicht diesen gewissen „Geheimhaltungsgrad“.
Außerdem habe ich noch einmal über die Veröffentlichung des Schriftverkehrs zwischen uns nachgedacht und bin inzwischen zu der Meinung gekommen, der Veröffentlichung auf Ihrer Homepage doch zuzustimmen. Aber dann bitte in Gänze, damit der geneigte Leser sich seine eigene Meinung bilden kann.
Hochachtungsvoll!
Klaus Haasis
Kleine Anmerkung am Rande:
Die von Herrn Haasis angeführte Veranstaltung mit "hohem Öffentlichkeitscharakter" war die nichtöffentliche (!) VA-Sitzung am 2.10.2019 in Ostercappeln-Schwagstorf
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I (Mittwoch, 06 Mai 2020 13:49)
Wo kann man das Gewerbeflächenentwicklungskonzept einsehen?
Wenn ich es auf der Homepage der HWL und den Links dort (www.elwis.de) richtig sehe, muss der Betrieb des Hafens ausgeschrieben werden, sodass die Stadtwerke nicht einfach so Betreiber sein können?! Auch finde ich bei der HWL nur Hinweise auf eine viel kleinere Planung, als die von Ihnen aus der Machbarkeitsstudie 2008.
Wenn ich es richtig sehe, dann gibt es nur eine Förderung, wenn eine KV Anlage nicht wirtschaftlich von einen Privaten gebaut werden kann...
Wenn die HWL eine öffentliche Gesellschaft ist, sitzen dann nicht gewählte Politiker im Aufsichtsrat?
Die von Ihnen am Ende genannte Sitzung ist an die Mitglieder der Räte. Diese Räte wurden gewählt und vertreten die Bürgerinnen und Bürger und damit ist es doch öffentlich. Auch werden die Politiker nur zum Wohle Ihrer Gemeinden handeln...
Martin Becker (Mittwoch, 06 Mai 2020 20:03)
Hallo I,
es gibt drei Gewerbeflächenentwicklungskonzepte für den Landkreis Osnabrück im Auftrag der OLEG Osnabrücker Land-Entwicklungsgesellschaft mbH: 2000, 2008, 2017. Nur das Konzept von 2008 ist (teilweise) öffentlich.
Auf Anfrage ist die aktuelle Version des Konzepts einsehbar, was wir im Januar d.J. auch getan haben (Frau Menke), wir durften allerdings keine Kopien machen.
Der Betrieb des Hafens muss in der Tat öffentlich ausgeschrieben werden. Die Planung sieht dafür allerdings eine sehr trickreiche Variante vor, denn falls die Stadtwerke-Tochter EHB nicht Betreiberin werden sollte, soll sie dennoch als Vermieterin / Verpächterin zwischengeschaltet werden. Also, egal, wer den Hafen betreiben wird, die Stadtwerke behalten immer den Zugriff darauf.
Die HWL-GmbH hat sich von der Machbarkeitsstudie 2008 distanziert. Sie hat aber die Standortbestimmung aus der Machbarkeitsstudie übernommen, die aber nur Sinn macht, wenn der Hafen so groß wird, wie dort vorgesehen. Falls lediglich ein kleiner Hafen vorgesehen ist, müsste die Standortfrage auch für einen kleinen Hafen erfolgen. Wir verstehen die jetzige „kleine“ Planung daher als Beruhigungspille für die betroffene Bevölkerung, um erst einmal einen Fuß in die Tür zu bekommen.
Im Aufsichtsrat der HWL-GmbH sitzen Lokal- und Regionalpolitiker je nach Anteile an der Gesellschaft, die sicherlich nur das Beste für ihre Gemeinden wollen. Aber unter „Wohl der Gemeinde“ kann man unterschiedlicher Meinung sein. Ob es zum Wohl der Wittlager Gemeinden beiträgt, Industrie-Vorort von Osnabrück zu werden, ist sicherlich diskussionswürdig. Die Vorstellung, einmal gewählt, sind Politiker keinem mehr Rechenschaft schuldig, ist ebenfalls diskussionswürdig. Wer sich auf den Standpunkt stellt, als gewählter Vertreter per se immer Recht zu haben, wird nicht lange gewählter Vertreter sein.
Der Standpunkt, eine Sitzung, die als "nicht-öffentlich" deklariert wurde, sei doch öffentlich, weil die Teilnehmer öffentlich gewählt wurden, ist nicht nachzuvollziehen. Nicht-öffentlich heißt, dass die Sitzung nicht öffentlich ist und Interna aus der Sitzung auch nicht weitergegeben werden dürfen.
Schöne Grüße
I (Mittwoch, 06 Mai 2020 20:30)
Danke für die Infos!
NNN (Mittwoch, 06 Mai 2020 21:06)
@ Haasis:
"Bei dem relativ kleinen Einzugsbereich der befragten Firmen, die als Kunden für Bohmte in Frage kommen, handelt es sich dagegen um kurze Wege zum Schiff!"
Und wegen diesem kleinen Einzugsbereich wollen Sie den größten Containerhafen am Mittellandkanal bauen der pro Tag 1.000 LKW ersetzen, also 2.000 TEU täglich umschlagen soll?
DIE (Freitag, 08 Mai 2020 10:23)
@ I:
der private hafenbetreiber Zerhusen wollte ebenfalls eine KV-Anlage in Leckermühle bauen. Beide haben vor Gericht über die förderung gestritten, Zerhusen hat gewonnen. Danach ist er von der HWL , also von den Kommunen aufgekauft worden.
Wenn eine KV-Anlage (Containerhafen) das Ziel der Kommunen gewesen ist, hätten sie das also haben können. Sie hätten Zerhusen nur machen lassen brauchen! Stattdessen haben sie 5 Mio gezahlt, um das zu verhindern.
Wo ist denn da der Sinn bitteschön????
@DIE (Freitag, 08 Mai 2020 11:41)
Wenn Zerhusen auch nen Containerhafen bauen wollte (als privater) kann es ja doch nicht so unwirtschaftlich sein?! Und der hätte auch richtig investieren müssen.
Flieger (Freitag, 08 Mai 2020 16:07)
Das sind doch Verschwörungstheorien! 5 Mio zahlen, um einen Hafen zu verhindern, das macht doch keiner. Der Kauf ist eine vernünftige Entscheidung um die Gemeinde nach vorne zu bringen und das zu machen was Zerhusen nicht machen konnte oder wollte. Das Projekt war einfach zu groß für ihn.
DIE (Samstag, 09 Mai 2020 10:42)
@ ohne Namen:
Was ist das denn für eine Frage?
Ob privat oder kommunal, die Bedingungen sind für beide gleich. Zerhusen bekam vom Verwaltungsgericht die Förderung zugesprochen, weil er von allen unwirtschaftlichen Konzepten noch das günstigste hatte. Wäre sein Konzept wirtschaftlich gewesen, hätte er keinen Anspruch auf Förderung gehabt.
Daraus einen Nachweis zu basteln, eine KV-Anlage an dem Standort wäre wirtschaftlich, weil Zerhusen ja auch eine geplant hatte, ist ziemlich irre!
Es bleibt die Frage, warum die Kommunen mit der Begründung, eine KV-Anlage haben zu wollen, 5 Mio investieren, um eine private Initiative für eine KV-Anlage zu verhindern?
@ Flieger
Hast du dir mal deinen Kommentar genau durchgesehen? Wenn man einen Hafen haben will, ist es schwachsinnig, 5 Mio für seine Verhinderung auszugeben. Wie soll das die Gemeinde nach vorne bringen? Wenn das Projekt zu groß für Zerhusen war und 5 Mio nur Peanuts, Was für ein Mega-Hafen soll das denn werden?
Muttertag (Sonntag, 10 Mai 2020 10:53)
An Herrn Haasis,
Sie scheinen darüber ziemlich verärgert, dass Ihnen vorgeworfen wird, einen Bahnanschluss zu fordern ohne die Kosten auch nur grob zu kennen ist "abenteuerlich". Sie vergleichen sich mit dem Eisenbahnpionier Friederich List.
Lists Plan WAR abenteuerlich! Im Nachhinein ist es halbwegs gut gegangen, aber sicher war das nicht. Gerade deshalb ist List ja so berühmt geworden (Schievelbusch).
Susi7 (Montag, 11 Mai 2020 20:51)
Haasis hat die Tragweite des Projekts nicht verstanden.
Damit ist er leider nicht der einzige. Die meisten beteiligten Politiker fragen nicht nach sondern glauben was ihnen vorgesetzt wird.
T. E. L. (Montag, 11 Mai 2020 21:06)
Was ist das für eine "trickreichen Variante" mit der die Stadtwerke auch dann über den Hafen verfügen sollen, wenn sie die Ausschreibung über den Hafenbetrieb verlieren?
Woher wisst ihr davon?
Wäre das nicht unzulässig?
Martin Becker (Donnerstag, 14 Mai 2020 10:16)
Hallo T.E.L.,
laut einem Vortrag von Stadtwerke-Mitarbeiter Dipl. Ing. Jürgen Werner vom 4.12.2013 vor der IHK Oldenburg soll die Eisenbahn- und Hafenbetriebsgesellschaft Region Osnabrück mbH (EHB-GmbH), eine 100%-ige Tochtergesellschaft der Stadtwerke Osnabrück AG, direkte Betreiberin des Bohmter Hafens werden, oder - falls das nicht gelingt - zwischengeschaltete Vermieterin. Also erhalten die Stadtwerke auf jeden Fall Zugriff auf den Hafen, egal wer ihn betreibt.
Wir haben am 7. August 2018 die HWL genau dazu befragt, aber leider keine Antwort bekommen, müssen das daher als Zustimmung bewerten.
https://www.containerhafen-bohmte.de/2018/08/08/antworten-die-fragen-aufwerfen/