... die Vergangenheit des geplanten Containerhafens in Bohmte?
Das Hamburger Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) ist ein rennomiertes wirtschaftswissenschaftliches Forschungsinstitut, das globale Zukunftsfragen identifiziert, wissenschaftlich untersucht und daraus Handlungsempfehlungen für Politik und Wirtschaft ableitet. Es ist privat finanziert und unabhängig.
In seiner jüngsten Publikation beschäftigt sich das HWWI mit der Zukunft des Hamburger Hafens.
Henning Vöpel:
Die Zukunft des Hamburger Hafens
- Determinanten, Trends und Optionen der Hafenentwicklung
Hamburg, Mai 2020
Die Untersuchung konstatiert, dass die Wachstumsraten im Container-Welthandel in der Vergangenheit erheblich zu optimistisch eingeschätzt wurden. Für Hamburg war ein Umschlagvolumen von 25 Mio. TEU für das Jahr 2025 prognostiziert worden, die tatsächlichen Zahlen bleiben mit 9-10 Mio. TEU allerdings sehr deutlich darunter.
Eine Ursache dafür sei das bisher überproportionale Wachstum des Welthandels gegenüber dem Welt-BIP. Der weltweite Handel steigerte sich bislang also schneller als die weltweite Produktion von Gütern (und Dienstleistungen).
Das ändere sich gerade, u.a. weil sich zurzeit ein historischer Übergang von einer Phase der Globalisierung in die nächste vollziehe. Während dieses Übergangs herrsche kein "regelbasiertes, sondern ein machtbasiertes Handelssystem", das mit Protektionismus und Re-Nationalisierung arbeite, was zu Verteuerung und zu Umlenkungen globaler Handelsströme führe.
Änderungsprozesse in diesen Dimensionen seien allerdings auch deshalb problematisch, weil es eine sich selbst verstärkende Trägheit des Systems aus wirtschaftlicher Entwicklung, politischen Anreizen und bisherigen wettbewerbserhaltenden Maßnahmen gebe: „Wenn man schon einen Hafen hat, dann muss man den doch auch nutzen“ oder: „Wer einmal die Fahrrinne angepasst hat, der muss das auch ein zweites Mal tun, sonst wären die Kosten der ersten Maßnahme ja umsonst gewesen“.
Weitere Faktoren kommen hinzu, z.B. Corona-Krise oder Klimawandel, die nicht nur den Welthandel, sondern das weltwirtschaftliche Wachstum insgesamt in den kommenden Jahren verringern werden, sowie die Digitalisierung, von der eine disruptive Wirkung auf das bestehende Wirtschaftssystem ausgehe.
Für den Hamburger Hafen folge daraus "eine vergleichsweise hohe strukturelle und operative Verwundbarkeit gegenüber schnellen exogenen Veränderungen des wirtschaftlichen und technologischen Umfelds". Das bisherige Geschäftsmodell werde zunehmend unattraktiver. Daher sei frühzeitiges Handeln angesagt.
Dieser Strukturwandel sei so grundlegend, dass eine allmähliche graduelle Anpassung kaum ausreichen werde: "Vielmehr muss rechtzeitig umgesteuert werden. Das setzt jedoch voraus, dass die Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik die langfristigen Opportunitäten sehen und bereit sind, diese mit den kurzfristigen und partikularen Interessen des Status quo zusammenzuführen. Es ist immer am klügsten, zumal für jene, die durch unvermeidliche Strukturbrüche disruptiert werden, sich selbst zu einem Treiber der dahinterstehenden Trends und Entwicklungen zu machen, weil nur durch eigenes Handeln das Unvermeidliche zum Vorteil gedreht werden kann."
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