"Die neunte Elbvertiefung ist ökologisch gescheitert"
Laut HWL-GmbH soll der Hamburger Hafen "Hauptdestination" des Bohmter Hafens sein. Sie gibt an, dass zwei Drittel bis drei Viertel aller Bohmter Verkehre von / nach Hamburg erfolgen sollen.
Doch das scheint keine gute Wahl zu sein. Um in Hamburg die "großen Pötte" abfertigen zu können, muss die Elbe regelmäßig ausgebaggert werden. Es stellt sich heraus, dass die anfallenden Sand- und Schlickmengen zu groß und die Strömungen zu vielfältig sind, um die Fahrrinne dauerhaft offenhalten zu können. Lotsen beschwehren sich, dass sie mit großen Schiffen Zickzack um Sandbänke herum fahren müssten.
Bislang wurden Sand und Schlick, die aus Hafenbecken und Fahrrinne gebaggert werden, flussabwärts in der Elbmündung, also auf auf hamburgischen Gebiet verteilt. Da die Gezeitenkräfte das Material aber wieder ruckzuck in den Hafen zurück bringen, soll es nun vor der Vogelschutzinsel Scharhörn oder am Rande des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer, also auf niedersächsischem Gebiet verklappt werden.
Dagegen wehrt sich die neue rot-grüne Niedersächsische Landesregierung in ihrem aktuellen Koalitionsvertrag (S. 17) sehr energisch:
"Wir lehnen Schlickverklappungen vor der Vogelschutzinsel Scharhörn strikt ab und werden nötigenfalls rechtliche Schritte ergreifen. Auch die Sedimentverklappungen vor dem Neuen Lüchtergrund wollen wir beenden."
Sie kommt zu dem Schluss:
"Die neunte Elbvertiefung ist ökologisch gescheitert".
Mit der Weigerung, weitere Vertiefungen zu unterstützen, untergräbt ;-) die Niedersächsische Landesregierung die Zukunft des Hamburger Hafens. Wie wir bereits an anderer Stelle darstellten, bedeutet dies das Ende des Hafenwachstums. So stagniert das Hauptumschlagsgut - Container - in Hamburg seit der Finanzkrise 2008.
Hamburg hat also ein Problem, aber aus Sicht von Umweltverbänden hat der Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven jede weitere Elbvertiefung sowieso überflüssig gemacht. Die "Großen Pötte" sollen bitteschön zum Tiefseehafen fahren, dafür ist er ja schließlich für viel Geld gebaut worden. Überhaupt soll Wilhelmshaven in Zukunft stärker profitieren:
"Im Rahmen einer norddeutschen Hafenkooperation wollen wir z.B. den Standort Wilhelmshaven zu einer Drehscheibe für erneuerbare Energien in Deutschland und Westeuropa entwickeln..." (S. 34).
Das Hamburger ist aber auch ein Bohmter Problem. Denn wenn sich die Verkehre von Hamburg nach Wilhelmshaven verlagern, sind sie für Bohmte
verloren. Der Jade-Weser-Port ist nicht an das Binnenwasserstraßensystem angeschlossen. Binnenschiffe können den Jade-Weser-Port nicht erreichen. Jede Ladung, die dort verschifft wird, muss per
Zug oder LKW dorthin bzw. von dort weg geschafft werden. Anders geht es nicht. Dementsprechend taucht der Jade-Weser-Port in der Bundeswasserstraßenkarte auch gar nicht erst auf.
Im Koalitionsvertrag ist auch eine Stärkung Cuxhavens an der Elbmündung als "Offshore-Standort" vorgesehen, also als Heimathafen zur Versorgung von Offshore-Windkraftanlagen. Aber daraus die Notwendigkeit für den (Aus-)Bau des Binnenhafens in Bohmte abzuleiten, erscheint uns doch ein winziges bisschen sehr weit hergeholt!
Die Standorte Bremen bzw. Bremerhafen können über die Weser erreicht werden. Die Vorgängerregierungen hatten weitreichende Pläne zu Weserausbau, um die Schifffahrt zu verbessern. Doch auch hier gab es grundlegende Probleme. Daher werden die Pläne nun gestutzt:
"Wir werden beantragen, die Vertiefung der Unterweser (Nord) aus dem Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz herauszunehmen. Bei der Außenweservertiefung wirken wir auf eine Herausnahme aus dem
Maßnahmenvorbereitungsgesetz hin.
Im Dialog mit allen Beteiligten wollen wir auch unter Einbeziehung einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung eine Lösung für das weitere reguläre Verfahren erarbeiten. Darüber hinaus wollen
wir den Bund verpflichten, für die durch diese und vorangegangene Weservertiefungen entstandenen Schäden die Kosten zu tragen und sichern die uneingeschränkte Nutzbarkeit der Sielhäfen
entlang der Weser und in Butjadingen zu." (Koalitionsvertrag S. 35)
Fazit
Die neue niedersächsische Landesregierung will den Vorrang des Schiffsverkehrs auf Elbe, Weser und Ems beenden. Vor allem beendet sie die lange und problematische Geschichte der Elbvertiefungen. Sicher verfolgt sie damit auch das eigennützige Ziel, ihren Hafen in Wilhelmshafen zu fördern und Hamburg Verkehre abzunehmen. Sie hat aber gute Gründe dafür.
Für die HWL-GmbH, die sich zumindest verbal sehr eng an den Hamburger Hafen klammert, sind das keine guten Nachrichten.
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