Greenwashing, zweiter Versuch

Binnenschiff Thorsten liegt seit Wochen im nagelneu ausgebauten Hafen ohne die Landstromanlage (vorne links) zu nutzen, während die HWL-GmbH "Klimaschutzhafen" sein will
Binnenschiff Thorsten liegt seit Wochen im nagelneu ausgebauten Hafen ohne die Landstromanlage (vorne links) zu nutzen, während die HWL-GmbH "Klimaschutzhafen" sein will

Infoveranstaltung der HWL-GmbH am 16.4.2024

Am Dienstag hatte die HWL-GmbH zu einer (halböffentlichen) Informationsveranstaltung geladen. Leider setzte sie dabei ihren Kurs fort, lediglich Befürworter zu informieren, Kritiker und Betroffene aber außen vor zu lassen. So haben wir erst durch den Pressebericht davon erfahren und konnten während der Veranstaltung keine Bedenken vortragen.

Zusammen mit Landrätin Kebschull (Grüne) und dem „Beratungsdienstleister“ BanLabs GmbH aus Berlin präsentierte die HWL-Geschäftsführung ihre Idee eines „klimafreundlichen“ Hafens. Der solle in Zukunft weitgehend elektrisch funktionieren. Schiffe, Umschlaganlagen (Kräne) und LKW sollen also nicht mehr mit Verbrenner-, sondern mit Elektromotoren betrieben werden. Ein „hoher Anteil“ der dafür benötigten Energie solle durch Photovoltaik entstehen. Aufgrund steigender CO2-Kosten würde der Einsatz von E-Mobilität im Güterverkehr steigen. Auch in der Binnenschifffahrt gäbe es dann die Chance auf einen Elektro-Systemwandel. Aufgabe sei es nun, die politischen Rahmenbedingungen dafür zu stellen.

Wir hatten der HWL-GmbH mehrfach vorgeworfen, dass dem Bohmter Hafenprojekt aufgrund der bereits bestehenden Hafendichte und freier Hafenkapazitäten die Legitimation fehlt. Der Hafen ist schlichtweg überflüssig, die gesetzlich geforderte Notwendigkeit für das wirtschaftliche Engagement der Öffentlichen Hand wurde nie nachgewiesen, sämtliche (!) vorgebrachten Argumente haben wir widerlegen können, und die HWL-GmbH weigert sich hartnäckig, auch nur eine überschlägige Wirtschaftlichkeitsberechnung zu erstellen.

Statt sich dieser Kritik zu stellen, wird nun behauptet, durch Elektrifizierung nachhaltigen – im Sinne von: klimaneutralen – Warentransport zu ermöglichen. Das Zauberwort heißt „elektrisch“.

Was keine Antwort auf unsere Fragen ist, sondern ein klassisches Ausweichmanöver. Die HWL-GmbH lässt unsere Fragen unbeantwortet und besetzt stattdessen das Thema „Klimaschutz“.

Woraus sich einerseits ableiten lässt, dass unsere Kritik weiterhin Bestand hat. Die Hafendichte der Region ist weiterhin mehr als ausreichend und es gibt weiterhin genügend freie Kapazitäten (ein Hafen auf durchschnittlich 6,3 Kanalkilometer, der nächste nur 4 km vom Bohmter Standort entfernt und im Gegensatz zu Bohmte sogar mit Bahnanschluss). Wirtschaftlich gibt es daher keine Notwendigkeit für einen kommunalen Wirtschaftsbetrieb, womit die HWL-GmbH den gesetzlichen Vorgaben widerspricht und öffentliche Gelder unrechtmäßig verwendet. Das alles gilt weiterhin.

Andererseits stellt sich die Frage, ob das vielleicht nicht doch funktionieren kann. Ob also das Klima durch den neuen Hafen tatsächlich geschützt werden kann. Eine gewisse Skepsis ist dabei angebracht, denn die HWL-GmbH ist in der Vergangenheit schon mehrfach beim Mogeln erwischt worden, damals waren „Wasserstoff“ und „E-Fuels“ die Zauberworte. Wobei man auch schon damals wusste, dass die Energieeffizienz von synthetischen Kraftstoffen extrem schlecht ist. „Weniger als 20 Prozent der Ausgangsenergie wird zum Antrieb eingesetzt.“ Und die bis zu dreimal längeren Fahrtstrecken von Binnenschiffen gegenüber Bahn und LKW verringern die Skepsis auch nicht gerade.

Nun also ein zweiter, (Batterie-)elektrischer Versuch.

Das Problem beider Versuche: Ein Hafen, für den keine wirtschaftliche Notwendigkeit besteht, kann kein „Klimahafen“ sein, sondern ist schlichtweg überflüssig. Hinzu kommt, dass nicht die Häfen, sondern grenzenlose Transporte (Mit-)Ursache für den Klimawandel sind. Einen klimaneutralen Hafen anzubieten, ist ungefähr so, als würde man, um den Autoverkehr in einer Stadt zu verringern, dort erst einmal ein Parkhaus bauen und damit werben, dass dessen Aufzüge „klimaneutral“ funktionieren.

Das ist reine Symbolpolitik, die vom eigentlichen Problem ablenkt, es im Gegenteil sogar noch fördert, aber die Bevölkerung ruhig stellt. Das ist „Greenwashing“ in Reinstform! Jeder Hafen(-aus-)bau führt dazu, den weltweiten Handel von Produkten zu fördern, statt zu verringern, bewirkt also das genaue Gegenteil von Klimaschutz. Vor allem ein Hafenausbau ohne Notwendigkeit und ohne wirtschaftliche Legitimation.

Aber kann es nicht trotzdem sinnvoll sein, dass die Öffentliche Hand vorprescht und aufzeigt, dass ein klimaneutraler Hafen möglich und sinnvoll ist? Sozusagen als Versuchsanlage? Kann damit eine nachträgliche Legitimation des Bohmter Hafenprojekts erreicht werden?

Schwierige Frage.

Wenn überhaupt, wäre es eine nachrangige Option. Denn die primäre Aufgabe der Politik ist es, Rahmenbedingungen zu definieren. Bau und / oder Betrieb eines Hafens sind aber keine politische Rahmenbedingungen, sie sind Eingriffe der Öffentlichen Hand in das Marktgeschehen. Die sind mit strengen wirtschaftlichen Auflagen verknüpft, die ein Versuchshafen gar nicht erfüllen kann. Daher wäre die grundlegende Voraussetzung für einen Versuchshafen, dass er auch einer sein kann!

Das heißt: Wenn der Hafen eine Versuchsanlage sein soll, um herauszufinden, ob und wie klimaneutrale Transporte möglich sind, dann muss dieser Versuch nach wissenschaftlichen Kriterien erfolgen, damit daraus auch die notwendigen Schlussfolgerungen sicher gezogen und Zweifel beseitigt werden können. Dann müssen Thesen formuliert, Kriterien für den Versuchsaufbau definiert, Verläufe protokolliert, Stoff- und Energiebilanzen erstellt und Ergebnisse nachprüfbar dokumentiert werden. Dann ist das ganze Projekt keine Angelegenheit der Wirtschaft mehr, sondern der Wissenschaft.

Doch es gibt nicht einmal einen wissenschaftlichen Beirat.

So bleibt nur die bittere Erkenntnis, dass die HWL-GmbH mit freundlicher Unterstützung der Grünen Landrätin wieder einmal Greenwashing betreibt.

 

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Kommentare: 4
  • #1

    GHK (Sonntag, 28 April 2024 17:02)

    Das Projekt war von Anfang an ein Wirtschaftsprojekt, eingefädelt von der Wirtschaftsförderung des Landkreises und der wirtschaftsnahen CDU. Es wurde anfangs auch nur wirtschaftlich argumentiert, mit Arbeitsplätze, regionales Wirtschaftswachstum usw.
    Als bei den letzten Wahlen die Grünen an die Macht kamen wurde es kurzerhand als Klimaschutzprojekt umdefiniert. Und die Grünen waren so entzückt davon, dass sie die Umetikettierung für eine Umorientierung hielten und kein Bisschen nachgefragt haben.
    Wie doof darf man sein?

  • #2

    IGitte (Sonntag, 28 April 2024 21:28)

    erster HWL_Geschaeftsfuehrer war der leiter der wirtschaftsfoerdeung im landkreis averhage. Danach zwischzeitlich mal peter schone, auch bei der wirtschaftsfoerderung, dann susanne schlueter jetzt neuenfels die sitzt auch da-
    noch fragen?

  • #3

    Jürgen Solbrig (Mittwoch, 01 Mai 2024 22:10)

    Es erstaunt mich immer wieder,das die sogenannten Grünen All das toll finden ohne richtig nachzufragen und zu überlegen.

  • #4

    Apparat (Sonntag, 05 Mai 2024 16:13)

    Das ganze Projekt ist eine Totgeburt, die nun nachträglich mit "Klima" gerettet werden soll.
    Wenn wirtschaftliche Gründe anfangs der Grund dafür waren, war das damals schon falsch. Denn auch damals waren die Brücken über den Kanälen für Container zu niedrig und schon damals gab es für andere Waren genügend Häfen in der Region. Das war damals also Quatsch und ist es heute.
    Also warum gutes Geld schlechtem hinterherwerfen?