Perpetuum mobile

Bericht vom öffentlichen Erörterungstermin am 28.8.2024 zum Genehmigungsverfahren der Biomethangasanlage in Bohmte

Seit Februar 2024 wird am Bohmter Hafen gebaut. Geplant ist dort eine Biogasanlage mit einem Durchsatz von 343 Tonnen. Täglich! Für die Genehmigung solch großer Anlagen ist das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt in Oldenburg (GAA) zuständig. Das GAA hatte am 19.02.2024 bewilligt, dass bereits vor der Erteilung der offiziellen Genehmigung mit dem Bau begonnen werden kann. Was dann auch sehr, sehr umfassend geschehen ist – im Prinzip stehen alle Bauten schon. Das Genehmigungsverfahren läuft parallel dazu weiter.

Baustelle der geplanten (!) Biomethangasanlage am 19.9.2024
Baustelle der geplanten (!) Biomethangasanlage am 19.9.2024

Im Rahmen dieses Genehmigungsverfahrens ist die Beteiligung der Öffentlichkeit vorge­sehen und am Mittwoch, den 28. August um 10:00 Uhr (!) wurde ein (halb-)öffentlicher Er­örterungstermin durchgeführt. Sinn und Zweck dieses Termins war, die bislang eingegan­genen Einwände zu diskutieren, wozu neben denjenigen Einwändern, die zu dieser für die Öffentlichkeit eher ungünstigen Zeit teilnehmen konnten, auch Antragsteller, Gutachter und zahlreiche Behördenvertreter anwesend waren (für die der Zeitpunkt nicht ganz so un­günstig lag).

 

Hervorzuheben ist die Anwesenheit von Felix Wesjohann, Vorstandsmitglied der PHW-Gruppe, eines der größten deutschen Agrarunternehmen u.a. mit der Marke „Wie­senhof“. Bislang galt die geplante Biogasanlage als eine der Bohmter Firma ND-Energie GmbH & Co KG. Bei der Veranstaltung wurde aber deutlich, dass ND-Energie zwar drauf­steht, aber Wiesenhof drinsteckt.

Zu Beginn durfte die Fa. ND-Energie GmbH & Co KG, die den Antrag auf Genehmigung der Biogasanlage gestellt hatte, ihren „Nachhaltigkeitskreislauf“ vorstellen, der Grundlage für ihr Projekt sei. Dieser „Kreislauf“ sah aus wie ein Perpetuum mobile, das aus Gülle und Mist einerseits Gas herstellt, das fossiles Erdgas ersetzen kann, andererseits und gleich­zeitig Dünger für die Landwirtschaft, was der Tiermast dient und damit wiederum der Er­zeugung von Gülle und Mist, womit der Kreislauf wieder von vorne beginnt.

 

Wie bei allen Perpetuums wird auch hier der Energieeinsatz verschwiegen, der das System am Laufen hält. Das fängt mit Futterimporten an, geht mit (teilweise immen­sen) internen Energieverbräuchen weiter und hört mit dem Abtransport der Gärreste nicht auf.

Das GAA informierte daraufhin teilweise minutiös über den bisherigen Ablauf des Verfah­rens, verschwieg dabei aber die Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn.

 

Die eingegangenen Einwände wurden nach Themen sortiert und behandelt:

 

Luftschadstoffe:

Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem verstärkten Stickstoffeintrag in der Region kommen würde, ist nach Einschätzung der Gutachter eher gering. Allerdings wurde nur das Betriebsgelände analysiert. Welche Risiken von Transporten, externen La­gern oder ganz simpel von einem Überangebot an Stickstoff ausgehen, wurde nicht be­trachtet. Gutachter und GAA rechtfertigten sich, dass das im Genehmigungsverfahren auch nicht vorgesehen sei.

 

Diese etwas kurzsichtige Sicht der Dinge zieht sich durch das ganze Verfahren. Die Emissionen außerhalb des Betriebsgeländes finden ja trotzdem statt und sind Fol­gen des Projekts, auch wenn sie im Genehmigungsverfahren nicht berücksichtigt werden.

 

Geruchsimmissionen:

Der Antragsteller behauptet, dass durch konstruktive Maßnahmen (Halle mit Unterdruck) keine oder nur sehr wenige Gase austreten würden.

Dagegen war eingewendet worden, dass eine geschickte Planung (Halle im Westen) Ge­ruchsbelästigungen von Anwohnern in Hauptwindrichtung zumindest vermindert hätte. Der Antragsteller rechtfertigte sich mit den im B-Plan vorgegebenen Gebäudehöhen. Es war auch eingewendet worden, dass die Hallentore bei LKW-Durchfahrten und bei Hitze länge­re Zeit als geplant offenstehen würden. Dagegen wurde vorgebracht, dass es sich um Schleusentore handele, die einen Gasaustritt verhinderten, auch wenn sie offen stehen, und dass die Halle klimatisiert würde.

 

Wie schon beim vorherigen Punkt wurde lediglich das Betriebsgelände betrachtet. Gerüche, die von Transporten oder (Zwischen-)Lagern anfallen, wurden nicht mit einbezogen. Und um eine Hal­le von nahezu 90.000 m³ Inhalt zu klimatisieren, ist schon eine ziemlich große Menge Energie nötig und festzuhalten, dass damit in erster Linie Mist und Gülle klimatisiert werden. Für Menschen, die verantwortlich mit Ener­gie umgehen wollen und bei­spielsweise ihre Klimaanlage im Auto nur einschalten, wenn es gar nicht mehr an­ders geht, ist das Kühlen von Mist und Gülle schon ein herber Schlag.

 

Schallimmissionen:

Nach Beurteilung der Gutachter wird von der Anlage kein übermäßi­ger Lärm ausgehen, die im B-Plan ausgewiesenen Grenzwerte (60 bzw. 65 dB/A tagsüber und 40/45 dB/A nachts) würden eingehalten bzw. sogar unterschritten.

 

Darüber entstand eine rege Diskussion, bei der die Anwohner diese Grenzwerte als zu hoch empfanden, vor allem nachts. Auch wurde kritisiert, dass diese Werte nur theoretisch ermittelt worden, in Realität aber höher seien. Insbesondere wurde darüber diskutiert, dass Grenzwerte auch in der theoretischen Berechnung überschritten würden, z.B. die im Betrieb anfallende Lärmmengen „im Freien: 93 dB(A)“, daraus aber keine Konsequenzen gezogen würden. Die Gutachter verwiesen darauf, dass dieser Lärm nur auf einer Teilflä­che geschehe, auf die Gesamtfläche umgerechnet würden die Grenzwerte dann wieder eingehalten.

Die anwesenden Behördenvertreter sahen keinen Handlungsbedarf, es sei alles richtig ge­macht worden, eine Einhausung von Lärmquellen sei nicht nötig. Felix Wesjohann beton­te, man wolle keinen Unfrieden stiften und strebe ein „Einverständnis mit der Bevölkerung“ an. Aber auch er konnte keine Notwendigkeit für weitere Schallschutzmaßnahmen erken­nen.

 

Wenn alles so erfolgt, wie es berechnet wurde, werden vielleicht (!) die Grenzwerte eingehalten, laut wird es trotzdem. Der Lärm ist dauerhaft und wird vor allem nachts stören. Dafür sorgen schon die Kompressoren der Gasaufbereitung und die Rühr­werke der Gärbehälter. Hier bestünde die Gelegenheit für Felix Wesjohann, durch Maßnahmen der Lärmreduktion seinen Wunsch nach einer guten Nachbarschaft unter Beweis zu stellen.

Will er aber nicht.

 

Gesundheitsgefahren / Keimimmissionen:

Es war die Befürchtung eingewandt worden, dass in der Biogasanlage Schlachtabfälle und verkeimtes Material entsorgt werde. Felix Wesjohann wies das entschieden zurück. Wenn es erwünscht sei, würde die ND-Energie GmbH das noch einmal ausdrücklich bestätigen.

 

Ja, ist erwünscht.

 

Energieeffizienz und Klimkaschutz:

Einer der Hauptkritikpunkte der Einwendungen war das Fehlen einer Energie- bzw. Klimabilanz. Große interne Energieverbräuche, großer Bauaufwand und sehr hohe Transportaufwendungen machten die Konzeption der Anlage fragwürdig. Für ein Projekt, das sich mit einem „Nachhaltigkeitskreislauf“ präsentiert und angeblich dem Klimaschutz diene, sei das ein unverständlicher Mangel.

 

Die Genehmigungsbehörde bzw. ihre Hausjuristin trug ausführlich vor, dass die Genehmi­gung eines solchen Vorhabens eine „gebundene Entscheidung“ sei. Das bedeute, dass die Behörde keinen Ermessensspielraum habe, sondern den Antrag bewilligen müsse, wenn alle Voraussetzungen dafür erfüllt seien. Ihre Behörde sei daher nicht befugt, eine solche Bilanzierung einzufordern.

 

Felix Wesjohann bestätigte, dass die ND-Energie GmbH & Co KG freiwillig keine Bilanz of­fenlegen wolle. Für die Berechnungen der Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) hätte er be­reits eine detaillierte Bilanzierung vornehmen müssen. Diese wollte er aber auf Rückfra­gen hin auch teilweise geschwärzt nicht veröffentlichen.

 

Das Fehlen von Energie- und Klimabilanz ist eine schwerer Mangel des Projekts. Allerdings nicht für die Genehmigungsbehörde, was in unseren Augen ein schwerer Mangel des Genehmigungsverfahrens ist. Das zuständige Gewerbeaufsichtsamt ist der Allgemeinheit verpflichtet, nicht Einzelinteressen von Unternehmern. Dabei deu­tet dessen Verweigern der Klimabilanz darauf hin, dass diese Bilanz nicht unbedingt positiv ausfällt, was die Sinnhaftigkeit des Vorhabens deutlich infrage stellt.

 

Die Weigerung der Genehmigungsbehörde, eine Klimabilanz einzufordern, ist unse­rer Meinung nach nicht gerechtfertigt, auch wenn die Hausjuristin das anders sieht. Denn „gebundene Entscheidung“ bedeutet, dass die Entscheidung an die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben gebunden ist. Und das Klimaschutzgesetz formuliert mit seinem „Berücksichtigungsgebot“ eindeutig gesetzliche Vorgaben, ebenso wie z.B. das Lieferkettengesetz, das über Futtermittelimporte durchaus eine Rolle bei diesem Projekt spielt.

 

Unserer Auffassung nach macht die Genehmigungsbehörde einen Fehler, wenn sie für ein Projekt, das Klimaschutz und Nachhaltigkeit auf seiner Fahne trägt und sich mit einen „Nachhaltigkeitskreislauf“ präsentiert, KEINE Energie- und Klimabilanz einfordert. Denkt man diese Position weiter, käme der Klimaschutz nie voran.

 

Der Hinweis von Felix Wesjohann auf die THG-Quote zeigt, dass das Projekt nicht nur Biogas verkaufen will, sondern Interesse an THG-Gutschriften hat. Mit diesen Gutschriften kann sehr viel Geld verdient werden und für diese Gutschriften muss eine Bilanzierung vorgelegt werden. Allerdings berücksichtigt diese nur die konkrete An­lage und bezieht nicht Aufwendungen für An- und Abtransporte sowie Bauauf­wen­dungen ein, die hier aber besonders hoch ausfallen.

 

Anlagensicherheit:

Es war kritisiert worden, dass der vorgesehene 200-m-Sicherheits­abstand zu gering sei, weil in der Anlage nicht nur Biogas, sondern das explosivere Bio­me­thangas verarbeitet werde, noch dazu mit erheblich höheren Drücken.

 

Die Genehmigungsbehörde ist der Meinung, dass diese Problematik nur im Teilbereich der Bio­gasaufbereitung stattfinden, und dass dort bereits verstärkte Sicherheitsanforderungen be­stehen würden. Denn an die Anlage würden die gleichen Anforderungen gestellt wie bei­spielsweise bei Erdgasheizungen. Dass sich innerhalb des 200-m-Sicherheitsabstandes Wohnhäuser, öffentliche Verkehrswege und das gesamte Hafengelände befinden, sei nach der Niedersächsischen Bauordnung unerheblich.

 

Die vorhandene Wohnbebauung schränkt also den 200-m-Sicherheitsabstand nicht ein. Der Sicherheitsabstand schränkt allerdings die Nutzungsmöglichkeiten der Anlieger ein. Öffentliche Veranstaltungen (Straßen- / Hafenfeste / Messen / Märkte) oder Vergrößerung der Ansiedlungen (auf insgesamt über 5.000 m² Grundfläche) sind nicht mehr möglich.

 

Dass eine Anlage, die 343 Tonnen täglich verarbeiten und Biomethangas in eine Hochdruckfernleitung pumpen will, nach den gleichen Sicherheitsanforderungen ge­nehmigt wird wie eine Erdgasheizung, die mit 30 Millibar arbeitet, leuchtet nicht ein.

 

Und dass Wohnhäuser, öffentliche Verkehrswege und das ganze Hafengelände Teil eines Sicherheitsbereichs sein werden, störte weder die Genehmigungsbehörde noch den Bürgermeister. Der konnte darin keine Einschränkung für die Vermarktung der Hafenflächen erkennen. Einschränkungen für die Anlieger mochte er ebenso nicht erkennen.

 

Erschließung / Verkehrssituation:

Es war kritisiert worden, dass die Erschließung der Anlage umständlich von der Donaustraße aus erfolgt und nicht direkt von der Hafenstraße. Das sei wenig rücksichtsvoll gegenüber den Anliegern der Donaustraße. Die Planer wie­sen den Vorwurf zurück, die geplante Erschließung sei die einzig sinnvolle. Eine Sperrung der Hafenstraße für den Durchgangsverkehr läge nicht in ihrem Zuständigkeitsbereich. Auch Bürgermeister Kleinkauertz bedauerte, dass die Gemeinde nicht die Befugnis zur Straßensperrung habe, wolle aber beim Kreis „Druck machen“ .

 

Es war auch die Menge an LKW-Transporten kritisiert worden. Die Genehmigungsbehörde betonte, dass das nicht Teil des Genehmigungsverfahrens sei. Laut Betrei­ber fallen ca. 12.870 LKW-Fahrten pro Jahr an, das wären pauschal gerechnet 50 Fahrten pro Tag.

 

Aus Sicht des Betreibers mag die jetzige Planung sinnvoll sein, aus Sicht der Anlie­ger ist es nicht. Ein wenig mehr Rücksicht auf die Anwohner hätte dem Projekt nicht geschadet. Aber dazu war man anscheinend nicht bereit und nach dem vorzeitigen Baubeginn ist eine nachträgliche Änderung wohl auch nicht mehr möglich. Da wurde eine Chance vertan.

 

Mist und Gülle sollen also per LKW aus benachbarten Landkreisen herbei­geschafft, hier verflüssigt und vergoren werden, um dann als Gärrest wieder per LKW zurück oder noch weiter weg gefahren zu werden.

 

Das ist vielleicht nicht verboten, aber ist es auch sinnvoll? Warum geschieht die Vergärung nicht beim Landwirt vor Ort? Die Verkehrsbelastung wird enorm steigen.

 

Abfälle / Reststoffe:

Für die in der Anlage anfallenden Reststoffe ist der Betreiber ver­pflichtet, geeignete Lagerkapazitäten für mindestens 9 Monate vorzuweisen. Felix Wesjo­hann berichtete, dass er Abnahmeverträge mit der Südoldenburger WDV GmbH aus Bakum geschlos­sen habe, die das garantierten. Der Abtransport der Gärreste würde per LKW erfolgen, nicht per Schiff, das sei lediglich eine spätere Option.

 

Gerade der Schiffstransport war in der Vergangenheit als besonders klimaschonen­de Transportvariante und als Argument für die Ansiedlung am Hafen vorgebracht worden. Es war sogar ein Vertrag mit einer Umschlagverpflichtung von 40.000 t pro Jahr mit der Hafen-Wittlager-Land GmbH geschlossen worden. Ein Vertrag, der anscheinend nur für die Täuschung der Öffentlichkeit geschlossen wurde und jetzt offenbar keine Gültigkeit hat. Denn wäre er tatsäch­lich ernst ge­meint, müsste mit dem Betrieb der Anlage gewar­tet werden, bis der Hafen seinen Betrieb aufge­nom­men hat.

 

Der pauschale Abnahmevertrag mit der WDV GmbH erscheint uns etwas zu sehr pauschal. Wir fordern die Düngebehörde auf, dass sie die konkrete Umsetzung prüft und die Stoffströme im Auge behält. Außerdem müssen die Transporte zu den Lagern der WDV GmbH mit in die Klimabilanz einberechnet werden.

 

In einem letzten Punkt, den Sitzungsleiter Ralf Regensdorff ausdrücklich als „nicht-ent­scheidungsrelevant“ beschrieb, ging es um Verfahrensfragen:

 

Es war bemängelt worden, dass dem Antragsteller mit der Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn und der späten Öffentlichkeitsbeteiligung die Möglichkeit gegeben wurde, Fakten zu schaffen. Das Genehmigungsverfahren könne daher nicht mehr neutral und ergebnisoffen durchgeführt werden. Insbesondere war bemängelt worden, dass mit der Vorab-Genehmigung zwar die Ver­pflichtung zum Rückbau verknüpft worden war, falls die Genehmigung versagt werden sollte, aber keine Sicherheiten dafür eingefordert worden waren. Der Gesetzgeber sieht aber ausdrücklich die Möglichkeit der Sicherheitsforderung vor, wenn es Hinweise darauf gibt, dass die Finan­zierung fraglich ist. Das ist sie bei diesem Projekt sehr deutlich, weil die ND-Energie GmbH lediglich mit dem Stammkapital von mind. 25.000,- € haftet, das Projekt aber insge­samt ca. 45 Mio. € kostet. In diesem Fall habe die Behörde ihren Er­messens­spielraum zugunsten das Antragsstellers genutzt, während sie bei der Forderung nach einer Klima­bilanzierung beteuere, gar keinen Ermessensspielraum zu haben.

 

Auch dass die Genehmigungsbehörde dem Antragsteller ermög­licht hat, die Korrespon­denz zwischen ihr und Kritikern mitzulesen, wurde harsch verur­teilt.

 

Insgesamt wurde vorgebracht, dass der Eindruck entstanden sei, dass die Genehmi­gungs­behör­de sehr einseitig zugunsten des Antragstellers agiert hat und nicht im Sinne der Öf­fentlichkeit.

 

Die Vorwürfe wurden ohne weitere Äußerung „zur Kenntnis genommen“. Es gab keinerlei Rechtfertigung oder Widerlegung.

 

Verfahrensmängel pauschal als „nicht entscheidungsrelevant“ zu bezeichnen, be­werten wir als Verfahrensfehler. Die Behörde macht es sich hier ganz erheblich zu leicht, vor allem, weil sie bereits einseitig Entscheidungen für das Projekt getroffen hat. Mit der Rechtfertigung, die Kritik daran sei nicht entscheidungsrelevant, blockt sie diese pauschal ab, statt sich ihr zu stellen. Was die Kritik eher fördert als min­dert.

 

Wenn eine Genehmigungsbehörde ihre neutrale Position aufgibt, gibt sie nicht nur ihre Legitimation als objek­tive Entscheiderin auf, sie untergräbt auch das grund­sätzliche Vertrauen in die Arbeit öffentlicher Einrichtungen. Diese Erosion zeigt sich dann bei politischen Wahlen mit deutlich ungewöhnlichen und unkalkulierbaren Folgen.

 

Auch dass die Genehmigungsbehörde partout nicht über den Betriebszaun hinaus gucken will und Fragen ignoriert, die die Sinnhaftigkeit des Projekts betreffen, macht die An­gelegenheit nicht besser. Die Behörde behauptet einfach, alles richtig zu machen, genau wie die zuständigen Behörden nach dem Einsturz der Carola­brücke in Dres­den oder nach der Explosion in einer Chemiefabrik in Ritterhude.

 

Interessant ist daher, was die Behörde nicht auf die Tagesordnung gesetzt hat.

 

Da ist z.B. die in Einwänden geforderte Einordnung des Projekts in vorhandene oder geplante Strukturen: Durch die Anrechnung auf die Treibhausgasquote (THG-Quote) steigt der Anreiz zur Herstellung von Biogas aus Gülle und Mist enorm, besonders in Bereichen mit großer Tierproduktion. Viele große Anlagen sind in der Nähe geplant oder arbeiten bereits: Friesoythe 1 Mio to., Diepholz 20.000 to., Kreis Minden 10-20.000 to., Shell Steinfeld 250.000 to., Velen in NRW 200.000 to., Rheine etc. Der Markt für Biomethan gerät unter Druck. Es erscheint uns daher zwingend notwendig, diese Entwicklung zu planen und zu steuern.

 

Auch gab es bei dem Erörterungstermin keine Stellungnahme zum geplanten Kon­zept bzw. eine Beurteilung der Biomethangas-Herstellung. Biomethan als Ersatz für Erdgas ist vergleichbar mit E-Fuel als Ersatz für Benzin, wofür erhebliche Energie­mengen verbraucht werden, die besser direkt vor Ort einge­setzt werden sollten. Warum stattdessen die geplante Anlage unterstützt wird, wurde nicht vorgebracht.

 

Insgesamt wurde auf der Veranstaltung deutlich, dass Nachhaltigkeit und Klima­schutz nur vorgescho­bene Argumente für die geplante Anlage sind. Tatsächlich handelt es sich um ein rein betriebswirtschaft­liches Projekt des Geflügelmästers Wiesenhof. Ob für die Region oder die Gemeinde Bohmte davon etwas abfällt, ist fraglich. Das Projekt segelt also unter falscher Flagge, und die Genehmigungs­behörde unterstützt das auch noch.

 

Daraus ergibt sich, dass die Argumentation für den Standort am Hafen nur vorge­schoben ist. Da der Standort relativ weit sowohl von der Rohstofferzeugung als auch von der Gärrestreverwertung entfernt liegt, löst das umfassende LKW-Trans­porte aus. Diese Transporte hätten vermieden, zumindest erheblich verringert werden können.

 

Und nicht zuletzt bleibt die Kritik an der Genehmigungsbehörde, die all diese Pro­bleme ignoriert und unverdrossen behauptet, alles richtig zu machen. Auch wenn die Behörde vorbringt, dass sie bei ihrer Entscheidung „gebunden“ sei, heißt das doch nicht, dass sie gefesselt und geknebelt ist. Natürlich kann die Be­hörde um Klima- und Energiebilanzen bitten und sich daran beteiligen, dass Offen­heit und Ehrlichkeit in das Verfahren einziehen. Und natürlich kann die Behörde Sorgen und Kritik äußern.

Und eigene Fehler eingestehen.

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Kommentare: 3
  • #1

    ### (Donnerstag, 19 September 2024 16:57)

    Es geht das Gerücht um, dass der Betreiber massenhaft Maissilage aufkauft und andere Biogasanlagen deshalb in die Röhre gucken.
    Vielleicht doch kein Perpetuum Mobile?

  • #2

    Ich aus WTL (Montag, 23 September 2024 09:02)

    Das ist kein Gerücht, es werden/ wurden sogar schon Siloplatten gebaut die als dezentrales Lager für Grassilage/ Maissilage dienen, von diesen Lagerstätten muss der Mais dann auch noch zur Anlage transportiert werden, noch mehr Verkehr!
    Wurde nicht gesagt, das diese Anlage ohne Maissilage auskomme?

  • #3

    Bäuerin (Sonntag, 20 Oktober 2024 18:12)

    https://youtube.com/watch?v=HY68ZwsEwzM&si=lOCe5vQzYfptM5-l

    Wenn schon solche lokalen Projekte am Limit sind, wie schräg ist dann eine Planung, die Mist kilometerweit anfahren lässt?