Gutachten über den Hafen Wittlager Land erschienen
Eigentlich könnten wir jetzt froh sein,
denn offenkundig gibt es jetzt eine Studie über die Zukunft des Bohmter Hafens, nachdem wir seit über 10 Jahren kritisieren, dass die HWL-GmbH weder die Notwendigkeit ihres Hafenprojekts begründet, noch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorlegt. Stattdessen argumentierte sie bislang mit einer unveröffentlichten "Unternehmensbefragung", die aber erkennbar nicht ausreichend ist, und die wir mehrmals sehr deutlich kritisiert hatten (u.a. hier, ab S. 11 oder hier ab S. 8).
Nun berichtet die Neue Osnabrücker Zeitung über ein Gutachten über die Zukunft des Bohmter Hafens, das die HWL-GmbH bei der Hanseatic Transport Consultancy (HTC) in Hamburg in Auftrag gegeben hatte (s. u.).
Leider wird auch diese Studie von der HWL-GmbH unter Verschluss gehalten und leider finden sich in dieser Studie Argumente wieder, die eigentlich schon lange widerlegt worden sind:
- Die Studie geht davon aus, dass die beiden Agrargenossenschaften LBD
(Landwirtschaftliche Bezugsgenossenschaft Damme) und die RWO (Raiffeisen Warengenossenschaft
Osnabrücker Land) einen
Teil des Hafens betreiben werden.
Diese Aussage stammt lediglich von der HWL-GmbH. Fragt man bei den beiden Genossenschaften nach, verweigern sie die Auskunft und verweisen auf die HWL-GmbH. Eine gemeinsame Betreibergesellschaft ist entgegen der HWL-Behauptung auch nach drei Jahren noch nicht gegründet worden, jedenfalls nicht im Handelsregister eingetragen.
Selbst wenn die Genossenschaften tatsächlich einen Teil des Hafens übernehmen wollen, wird das nicht ohne Probleme möglich sein. Denn ein Agrarhafen wurde an dem Standort dort lange Jahre von der Firma Zerhusen betrieben, bis die HWL-GmbH den Hafen Anfang 2016 nach zähen Verhandlungen teuer aufkaufte und stilllegte. Die Öffentliche Hand kauft also einen Agrarhafen von dem einen Betreiber auf, modernisiert ihn, um ihn dann einem anderen Betreiber zur Verfügung zu stellen. Das widerspricht dem niedersächsischen Komunalverfassungsgesetz. Außerdem betreibt eine der Agrargenossenschaften bereits einen Agrarhafen in nur 4 km Entfernung. Da macht auch der Vorschlag, Futtermittelmischbetriebe o.ä. in Bohmte anzusiedeln, wenig Sinn (abgesehen vom Strukturwandel in Landwirtschaft und negative Entwicklungen der Globalisierung). - Die Biomethangasanlage wird in den nächsten 10 Jahren keine Schiffstransporte in Bohmte veranlassen, weil sie einen 10-Jahres-Vertrag mit der Südoldenburger Wirtschafts Dünger Verwertung GmbH (WDV), Bakum geschlossen hat, die die Gärreste per LKW abtransportiert (Genehmigungsbescheid, S. 23). Die Gärreste werden auch nicht nach Magdeburg oder Haldensleben transportiert, sondern in die Landkreise Vechta und Cloppenburg.
- Die angekündigte Elektrifizierung des Hafens mit regenerativer Energie widerspricht der geplanten Reduzierung von Kosten, weil konventionelle Häfen nicht in Energieerzeugungsanlagen investieren müssen, der Bohmter Hafen also einen Kostennachteil hat, wenn er dies tut. Will die HWL-GmbH ihren Hafen trotzdem zu konkurrenzfähigen Preisen auf den Markt anbieten, geht das nur mit dauerhaften Subventionen. Ist das allen Beteiligten klar? Und ist es wirklich Aufgabe der öffentlichen Hand, einen Hafen zu betreiben, um die Energiewende zu ermöglichen?
- Containertransporte sind in Richtung Westen aufgrund der Brückenhöhen nicht zweilagig, sondern nur einlagig möglich und damit unwirtschaftlich. Die Kosten sind höher als die Erlöse. Das wird sich auch in absehbarer Zukunft nicht ändern und das wirkt sich auch auf Containertransporte in Richtung Osten aus, weil Zu- oder Abladungen während der Fahrt zu einem dritten Ziel ausfallen. Es gibt schlicht kein drittes Ziel, weil Bohmte für Containertransporte am Ende einer Sackgasse liegt.
- Aufgrund der Langlebigkeit von Binnenschiffen werden alternative Treibstoffe oder auch nur Abgasreinigungsanlagen in allen anderen Verkehrsträgern erheblich eher Verwendung finden als in der Schifffahrt (hier ab S. 26). Außerdem müsste die Binnschifffahrt ihre wirtschaftliche Nische als preisgünstige (aber schadstoffreiche) Massentransporteurin einbüßen, also ihre wirtschaftlich auskömmliche Zone verlassen und sich der Konkurrenz stellen. Was eher unwahrscheinlich ist und wofür es auch keine Anzeichen gibt. Eher im Gegenteil.
- Ton, Feldspat und Kaolin werden von der Fa. Argelith in Bad Essen-Wehrendorf verarbeitet. Die Fa. hatte sich in der Vergangenheit für den Ausbau des Hafens ausgesprochen, wobei das Engagement keinen Sinn macht, denn die Firma hat in Wehrendorf einen Hafen direkt vor der Haustür. Wir nehmen stark an, dass es sich um eine Gefälligkeitsbehauptung gegenüber der Wirtschaftsförderung des Landkreises Osnabrück handelt. Siegfried Averhage war sowohl Leiter der Wirtschaftsförderung als auch HWL-Geschäftsführer in Personalunion.
- Ähnlich gelagert ist der Fall Leiber. Auch hier scheint das angekündigte Transportvolumen eine reine Luftnummer zu sein. Was insgesamt den Eindruck hinterlässt, dass einige der in der NOZ zitierten "bestehenden Studien", auf die sich die neue Studie bezieht, nicht sehr belastbar sind.
- Die HWL-GmbH beruft sich hauptsächlich auf eine Unternehmensbefragung durch die HWL-GmbH. Gegen Kritik an dieser Befragung argumentierte sie, dass alle anderen Studien lediglich
"theoretische" Werte ermittelt hätten, ihre Unternehmensbefragung jedoch tatsächliche Werte zeige.
Diese Theorie-Praxis-Argumentation findet sich auch in der neuen Studie, ist aber vor dem Hintergrund der Punkte 6 und 7 erheblich unwahrscheinlich.
Es steht also zu befürchten, dass auch diese neue Studie nicht wirklich unabhängig ist und in vielen Teilen unbedarft HWL-Argumente übernimmt.
Trotzdem ist es interessant, dass die HWL-GmbH damit an die Presse gegangen ist. Denn auch wenn die neue Studie kritikwürdig ist, bedeutet sie doch das Eingeständnis eines Mangels:
Die HWL-GmbH hat einen Hafen gebaut, ohne einen Plan dafür zu haben! Den versucht sie jetzt nachzuliefern.
Nachdem die HWL-GmbH bislang als eher wenig kritikfähig erlebt haben, fragen wir uns nach den Gründen dieses Wandels. Wir haben da eine böse Vermutung:
Nach früheren Plänen sollte die Stadwerke Osnabrück AG, die den Osnabrücker Hafen betreibt, auch den Bohmter Hafen übernehmen. Das hat nicht geklappt, u.a. weil es heftige Kritik daran gegeben hatte, man die Bevölkerung in Sicherheit wiegen wollte, und weil das die Finanzierung des Bohmter Hafens gefährdet hätte.
Also gab es treuherzige Beteuerungen, dass dieser Plan nicht mehr gelte, u.a. wurden Einwände von Bürgern gegen den Bebauungsplan damit abgewiesen (z.B. hier, S. 50).
Allerdings scheint die Idee doch nie ganz aufgegeben worden zu sein. Immer wieder tauchten Hinweise auf, die eine Übernahme nahe legen.
Indem die HWL-GmbH nun bekannt macht, keinen Betreiber für ihren Hafen zu haben, obwohl der doch angeblich so gute Zukunftschancen habe und dies mit Bildern von geschäftigem Treiben untermalt, obwohl dort - wenn überhaupt - nur interner Verkehr stattfindet, gibt sie der Stadtwerke Osnabrück AG die Chance, als Retterin in der Not aufzutreten und "notgedrungen" den Betrieb des Bohmter Hafens zu übernehmen.
Ein Ruf also an diejenigen, die sowieso immer schon vorhatten, den Hafen zu übernehmen, aber eine Legitimation dafür brauchen, weil sie in der Vergangenheit behauptet hatten, genau das nicht zu wollen.
Eine perfide Strategie.
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99 (Mittwoch, 19 Februar 2025 10:02)
Das sind doch alles nur Verschwörungstheorien die ihr hier verbreitet! Kommt mal auf den Boden der Tatsachen zurück!
Bürger (Mittwoch, 19 Februar 2025 16:48)
Herr Becker:
Sie schreiben unter der Überschrift: ... widerlegte Argumente ... unter Punkt 2 folgendes:
Die Biomethangasanlage wird in den nächsten 10 Jahren keine Schiffstransporte in Bohmte veranlassen, ………….). Die Gärreste werden auch nicht nach Magdeburg oder Haldensleben transportiert, sondern in die Landkreise Vechta und Cloppenburg.
Wie kommen Sie zu dieser falschen Tatsachenbehauptung? Diese Darstellung ist nachweislich FALSCH und entspricht in KEINSTER Weise den Tatsachen! Sie wissen das und stellen es doch bewusst falsch dar!!!
In diesem Zusammenhang möchte ich (als besorgter Bürger) Sie - Herr Becker – auch ausdrücklich auf die sich evtl. ergebenden zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen hinweisen, die sich aus Ihren im Internet verbreiteten Falschdarstellungen, Rufschädigungen und „Herabwürdigungen“ ergeben.
Freie Meinung ist das eine, aber die hört da auf, wo die Rechte anderer verletzt werden! UND GANZ BESONDERS IM INTERNET!!!
bürgerin (Mittwoch, 19 Februar 2025 22:10)
da wird aber scharf geschossen. Warum?
bürgerung (Donnerstag, 20 Februar 2025 12:21)
...aus der Anonymität heraus eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu beklagen, stiftet wenig Sinn - wohl aber als besorgter Bürger über nicht offenkundige Sachverhalte in geeigneter Weise aufzuklären...
Gitte (Freitag, 21 Februar 2025 11:05)
scheint ein wunder Punkt getroffen worden zu sein
Martin Becker (Sonntag, 23 Februar 2025 16:12)
Hallo „Bürger“,
Deinem Kommentar ist zu entnehmen, dass Du genau Bescheid weißt, was Schiffstransporte in Bohmte angeht. Dieses Wissen deutet darauf hin, dass Du aus dem HWL- oder ND-Energie-GmbH-Umfeld kommst. Dieses Umfeld schickt mir also eine als besorgten Hinweis kaum getarnte Drohung.
Warum wird mir gedroht? Wegen „Rufschädigung“ und „„Herabwürdigung““ (einmal mit und einmal ohne Anführungszeichen). Was an dem Artikel rufschädigend und herabwürdigend sein soll, erschließt sich mir nicht.
Die Frage ist, wenn Du doch angeblich die Wahrheit kennst, warum legst Du dann keine Belege vor, sondern drohst mir?
Klär mich/uns doch einfach auf. Denn wenn Du das nicht machst, wäre Dein Kommentar ziemlich rufschädigend. Peinlich ist er sowieso.
ö (Freitag, 28 Februar 2025 22:00)
Die HWL fühlt sich herabgewürdigt? Sie hat gelogen und betrogen und beschwert sich, das einer das mal ausspricht. Das könnte auch von Trump kommen
Martin Becker (Samstag, 01 März 2025 16:51)
"Frau Lübkemann führte weiter aus, dass Abnahmeverträge für die Gärreste für einen Zeitraum von 10 Jahren vorliegen würden. Gefordert seien nur 3 Jahre."
Protokoll über den Erörterungstermin am 28.8.2024 zum BImSchG-Verfahren der NDEnergie GmbH & Co KG zur Errichtung und zum Betrieb einer Biomethangasanlage in 49146 Bohmte, Hafenstraße; S. 27.
https://www.containerhafen-bohmte.de/app/download/16913116724/20241216_Protokoll_E%C3%96T_NDEnergie.pdf?t=1736786152