Problem Nr. 3

Zahlen

Die Hafen-Wittlager-Land-GmbH (HWL) ist vom Landkreis Osnabrück (50% Anteil), der Gemeinde Bohmte (37,5%), sowie den Gemeinden Ostercappeln und Bad Essen (jeweils 6,25%) gegründet worden (Handelsregister des Amtsgerichts Osnabrück, HRB 206213). Sie ist damit eine 100%-ige Tochter der öffentlichen Hand. Aufgabe der HWL ist es, die notwendigen Flächen aufzukaufen und den Aufbau der Hafenanlagen zu organisieren. Der Betrieb des Hafens hingegen soll von Dritten übernommen werden, die die Hafenanlagen von der HWL pachten bzw. mieten.

 

(Übrigens: Bad Essen hat sich jüngst als Cittaslow-Kommune zu nachhaltiger Umweltpolitik, Gastfreundschaft, Wahrung von Flora, Fauna, Kultur und Traditionen, Förderung der regionalen Identität etc. verpflichtet. Wie da der Containerhafen wohl reinpasst?)

 

Die HWL beziffert die Gesamtkosten des Projekts mit 13,6 Mio. €. Zieht man davon den (strittigen) Zuschuss der Wasser- und Schifffahrtsbehörden in Höhe von 4,6 Mio. € ab, verbleiben noch 9 Mio. €, die von der HWL finanziert werden müssen. Diese Finanzierung soll laut Aussagen der HWL über Bankkredite erfolgen, die aufgrund des geringen Stammkapitals der HWL-GmbH (40.000,- €), über Bürgschaften der Gesellschafter (Kreis und beteiligte Kommunen) abgesichert werden müssen. Die Kosten für diesen Kredit können mit mindestens 5% kalkuliert werden, macht 450.000,- € pro Jahr. Zählt man noch allgemeine Kosten hinzu, greift  man sicherlich nicht zu hoch, den Finanzbedarf der HWL mit mindestens 500.000,- € im Jahr zu beziffern.

 

Dies ist logischerweise gleichzeitig die Mindestsumme, die ein Betreiber als Pacht für die Hafenanlage bezahlen muss, damit die HWL keine roten Zahlen schreibt. Der Betreiber muss diese Summe aber erst einmal erwirtschaften. Da er eigene Personal- und Sachkosten hat, muss er dafür einen jährlichen Umsatz von vorsichtig geschätzten 1 bis 1,5 Mio. € erzielen.

Um diese Summe erreichen zu können, sind ca. 50.000 TEU (Standard-container) pro Jahr umzuschlagen (ca. 42.500 Hübe).  Das wären dann ca. 200 TEU pro Tag bzw. vier Großmotorgüterschiffe am Tag in Richtung Westen oder zwei in Richtung Osten (einlagig oder zweilagig beladen).

 

Wir halten diese Menge für vollkommen unrealistisch. Der seit 2002 existierende Binnenhafen in Minden – am Kreuzungspunkt von Mittelland- kanal und Weser gelegen, keine 50 km von Bohmte entfernt und selber mit großen Erweiterungsplänen befasst – schlug im ersten Betriebsjahr ca. 1.100 TEU und im zehnten Jahr ca. 15.000 TEU um. Für das 23. Betriebsjahr 2025 werden 34.600 TEU prognostiziert (Quelle, S.28). Auf dem ganzen westlichen Mittellandkanal, also etwa von Rheine bis Minden, wurden im gesamten Jahr 2007 genau 87 Container transportiert, im Jahr 2012 waren es 143 Stück pro Jahr (Verkehrsbericht 2012).

 

Daraus folgt: Selbst bei dem bereits etablierten und verkehrstechnisch an der Kreuzung von Weser und Mittellandkanal erheblich günstiger gelegenen Containerhafen in Minden, werden im 23. Betriebsjahr nicht die Umschlagszahlen erwartet, die die HWL schon im ersten Jahr, zumindest im mittelfristigen Jahresdurchschnitt erreichen will bzw. muss, wenn sie ihre Kosten reinkriegen will. Selbst bei exorbitant steigendem Containerverkehr würde Bohmte mit seiner ungünstigeren Lage nicht die erwarteten Zahlen erreichen können.

 

Wenn die Erträge aus der Verpachtung des Hafens aber nicht ausreichen, um die Kosten der HWL daraus zu bezahlen, müssen die Gesellschafter der HWL-GmbH – also die beteiligten Kommunen und der Landkreis Osnabrück – das Defizit tragen. Wozu sie sich auch ausdrücklich im §14 des Gesellschaftervertrages der HWL  verpflichtet haben.

 

(Und womit zumindest die Gemeinde Bad Essen mit ihrer oben erwähnten Verpflichtung zur Nachhaltigkeit ein Problem hätte. [Alle anderen Kommunen aufgrund der allgemeinen Pflicht zur sparsamen Haushaltung übrigens eigentlich auch.])

 

Das heißt: Die ganze Sache funktioniert nicht.

 

Oder nur, wenn kurz- bis mittelfristig - wahrscheinlich aber dauerhaft Geld nachgeschossen wird. Öffentliches Geld, also Steuermittel. Mit diesen Steuermitteln würden dann diejenigen Unternehmen gefördert, die von dem Hafen profitieren. Nach einer Umfrage der HWL in der Region wären das 12 Unternehmen, die sich (positiv?) zu dem Projekt geäußert hätten. (Quelle, S.13)

 

Mit Allgemeinwohl hat diese Steuermittelverwendung nichts zu tun, eher mit Steuermittelverschwendung. Und es ist sehr fraglich, ob man das Projekt noch unter "allgemeine Wirtschaftsförderung" einordnen kann, wenn für 12 von geschätzten 20.000 (?) Betrieben ein eigener Hafen gebaut wird.

 

Wir halten fest: Die für die Finanzierung des Projekts notwendigen Kosten erfordern eine Höhe an Umschlagszahlen, die unter halbwegs realistischer Betrachtung nicht erreicht werden können.

Das Projekt erfordert daher eine dauerhafte Subventionierung durch die Gesellschafter der HWL, also die öffentliche Hand.

Die dauerhafte Subventionierung von einigen wenigen gewerblichen Unter-nehmen ist kein zweckdienlicher Einsatz von Steuermitteln.

(siehe auch den Einwand von Hilde und Henning v. Bahr)