Lobbyarbeit in Hannover

Vom Güterverteilzentrum zum Containerhafen

Für das Gebiet, auf dem jetzt ein Containerhafen in Bohmte entstehen soll, waren in vergangener Zeit verschiedene Projekte vorgesehen worden, teilweise sogar mit beachtlichem Aufwand.

 

Um die letzte Jahrtausendwende dachte man, dass ein "Güterverteilzentrum" (GVZ) dort eine gute Idee sei, und betrieb Lobbyarbeit in Hanover, um diesen Wunsch in das niedersächsischen Landes-Raumordnungsprogramm (LROP) einzubauen. Das LROP regelt, wo welche unterschiedlichen Landnutzungen bevorzugt stattfinden sollen. Wenn eine bestimmte Nutzung im LROP als vorrangig für ein Gebiet eingetragen ist, ist der Weg zur Realisierung des dazu passenden Projekts nicht mehr ganz so steinig.

 

Tatsächlich erscheint das Vorhaben "Güterverteilzentrum Bohmte" allein fünfmal in dem Änderungsantrag zum LROP 2006. In der anschließenden Diskussion einigte man sich mit einem interessant formulierten Zirkelschluss dann darauf, die Entscheidung zurück an die lokalen Kräfte zu verlagern, die ja überhaupt erst den Wunsch nach einem GVZ  in die Diskussion gebracht hatten, und machte damit den Bock zum Gärtner:

 

"Die Gemeinde Bohmte befindet sich in relativer Nähe zum Güterverkehrszentrum Osnabrück. Es kann davon ausgegangen werden, dass in der Gemeinde Bohmte das Potenzial für die Entwicklung eines überregional bedeutsamen Güterverkehrszentrums gegeben ist, wenn eine Entscheidung über den Binnenhafenstandort getroffen ist. Eine vorsorgende Berücksichtigung der Standort- und Flächenbedarfe sollte bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen erwogen werden." (Quelle, S. 207)

 

Das war eine "erfolgreiche" Strategie aus Sicht der GVZ-Befürworter. Das aktuelle LROP 2008/2012 sieht u.a.  den Standort "Osnabrück/ Bohmte" als "Vorranggebiet Binnenhafen" vor, fordert allerdings gleichzeitig "die trimodale Funktionalität der Schnittstelle von Wasser, Schiene und Straße [...] auszubauen" (Quelle, oder hier S. 44-45).

 

Interessant bei dem ganzen Vorgang ist nicht nur, dass das Niedersächsische Landwirtschaftsministerium damals die Initiative den Initiatoren überlassen hatte und seine planerische Kompetenz nicht nutzte, interessant ist auch, dass das Projekt als "Güterverteilzentrum Bohmte" in den Prozess eingebracht worden war, aber als "Binnenhafen Osnabrück/ Bohmte" - also mit zwei Standorten - im LROP landete.

 

Es ist immer schwierig, nachträglich die Prozesse nachzuzeichnen, die zu diesem Ergebnis geführt haben mögen, es gibt aber interessante Parallelen zu den Plänen der Stadtwerke Osnabrück. Auch deren Pläne starteten mit einem alleinigen Vorhaben in Bohmte, wandelten sich aber zeitgleich mit dem LROP-Prozess zu einer "Ein-Hafen-zwei-Standorte"-Strategie an den Orten Osnabrück und Bohmte. Und mit der lustigen Formulierung: "trimodal an zwei Standorten" wurde die im LROP formulierte Bedingung der Trimodalität auch noch punktgenau erfüllt. Zumindest auf dem Papier.

 

Vor dem Hintergrund, dass die Aussagen: "Ein Hafen - zwei Standorte" als auch "trimodal an zwei Standorten" großer Quatsch sind, bewerten wir diese parallele Entwicklung als ziemlich deutliches Indiz für ein abgesprochenes Vorgehen; als einen "Großen Plan", um in Bohmte ein Megaprojekt zu installieren, das je nach dem entweder "Güterverteilzentrum" oder "Hafen" genannt wird.

 

Wir halten diese Art und Weise der Entscheidungsfindung für unangemessen und falsch. Sie folgt einer Interessensverknüpfung von Industrie und Verwaltung, bei der Verwaltungsbehörden durchsetzen, was Gewerbebetriebe für richtig halten. Formale Beteiligungsrechte werden dabei (un-)geschickt ausgebremst. In diesem Falle sind es die lokalen und regionalen Verwaltungen, die verflochten mit wirtschaftlichen Interessen ein Projekt durchziehen, und dafür in Hannover die Ellenbogen ausfahren. Die damalige niedersächsische Landesregierung hat dabei keine erkennbare Gegenwehr geleistet.