Schifffahrt in Zeiten des digitalen Wandels

Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut und die Hamburger Berenberg Bank haben eine Studie zur Entwicklung der weltweiten Schifffahrt herausgebracht: „Schifffahrt in Zeiten des digitalen Wandels“. Die Studie untersucht die derzeitige Situation der weltweiten Schifffahrt und erforscht Entwicklungen für die Zukunft.

Weil die Binnenschifffahrt und insbesondere deren Containersparte direkt von der internationalen Schifffahrt abhängig ist, ist diese Studie auch für das Containerhafenprojekt in Bohmte von Bedeutung. Umso mehr, als dass Hamburg als einzige „Hauptdestination“ des Bohmter Hafenprojekts übrig geblieben ist, nachdem das Erreichen der Westhäfen (Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam) zumindest verbal als problematisch zugegeben wurde.

In der Studie zeichnen die Autoren ein düsteres Bild für die Zukunft der internationalen Schifffahrt. Für lange Zeit habe der internationale Handel von der Globalisierung profitiert. Die Trennung von Produktion in Entwicklungsländern und Konsum in den Industrienationen hatte zu einem massiven Anstieg von Transporten geführt. (Halbfertig-)Produkte wurden rund um den Globus transportiert. Diese Entwicklung schien unaufhaltsam zu sein, auch mittelständische Unternehmen expandierten nach Übersee, um dort "billiger" produzieren zu können.

 

In der Folge seien die Kapazitäten in der internationalen Schifffahrt enorm ausgeweitet worden. Die Reeder hätten in der Erwartung, dass sich diese Entwicklung fortsetze, mehr und größere Schiffe in Betrieb genommen. Diese Erwartung habe sich aber nicht erfüllt. Spätestens seit der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise hätten sich die internationalen Transporte verringert, sodass es seit einigen Jahren deutliche Überkapazitäten in der Schifffahrt gebe. Und es käme noch dicker: Die angespannte Situation verstärke die Konkurrenz der Reeder untereinander, was zu sie einer Modernisierung ihrer Flotten dränge, um Wettbewerbsvorteile zu erreichen (Skaleneffekte bei größeren Schiffen), was wiederum zu einem weiteren Anstieg der Kapazitäten führe. Die Studie spricht von einem „Gefangendilemma“. Zusätzlich angeheizt würde diese Spirale noch durch das weltweit niedrige Zinsniveau und die globale „Ersparnisschwemme“, die Finanzmittel in Investitionen auch und besonders in den Schiffsbau schwemmten.

 

Obwohl das allgemeine gesamtwirtschaftliche Umfeld weltweit eigentlich ganz gut aussehe und die Konjunkturaussichten positiv seien, gelte das für die Schifffahrt jedoch nicht. Die Weltwirtschaft boome zwar, aber der der globale Handel boome nicht mit.

 

Die Studie sieht mehrer Ursachen dafür:

 

1. Die weltweite Arbeitsteilung, bei der die Entwicklungsländer als verlängerte Werkbank der Industrienationen agieren, sei auf dem Rückmarsch.

Verantwortlich dafür sei:

- die Verringerung des Lohngefälles zwischen den Beteiligten,

- der Niedergang ganzer Industrien in den „Industrienationen“,

- die Abnahme der vorbehaltlosen Akzeptanz der Politik des freien Welthandels (Forderungen nach "fairer" Produktion, Kritik an Arbeitsbedingungen in der "Dritten Welt") und die Zunahme der Akzeptanz von Abkapselungen und Protektionismus („America first“, Einfuhrzölle, Handelsbeschränkungen),

- das Verschieben von Handelsmustern von den Industrieländern hin zu Entwicklungsländern, die sich als Konsumstandorte etablieren.

- Umweltprobleme und Klimawandel (wenn Transportkosten steigen oder deren Akzeptanz sinkt, werden sie unwirtschaftlich oder ungewünscht und die regionale Wertschöpfung wird wieder interessant).

 

2. Der Hauptgrund für die Abnahme des weltweiten Handels sei aber die Digitalisierung.

Die Digitalisierung verändere Konsum und Produktion: “Die industrielle Logik der Wertschöpfungsketten sieht vor, Produktion durch Arbeitsteilung zu zerlegen, über Spezialisierung effizient zu produzieren und durch Handel wieder zusammenzusetzen. Alle drei Schritte erfordern Transport und Logistik. Die digitale Logik der Produktion hingegen impliziert, dass es wieder zu einer stärker integrierten Produktion kommt, die auch wieder stärker vor Ort stattfindet. Dadurch sinkt die Nachfrage nach Transport und Logistik“. Und zwar exponentiell.

 

Industrie 4.0 verändere grundlegend die Produktion, weil sie Massenproduktion durch individuelle Fertigung ersetze. Der Einsatz von 3D-Druckern führe zu einer Verringerung von Transporten von Fertigprodukten (Container), weil die vor Ort gedruckt werden können. Die heutigen Investitionen in 3D-Drucktechnik lassen einen rapiden Anstieg der Technik in den nächsten Jahren erwarten.

 

Diese Entwicklung würde vor allem die Containerschifffahrt betreffen, Schüttgüter seien davon eher weniger betroffen:

Die Digitalisierung führt zu erheblichen strukturellen Einschnitten in der Schifffahrt. Das Zeitalter des Containers wird durch das Zeitalter der Datenströme abgelöst“.

Download
Strategie 2030 - Schifffahrt in Zeiten des digitalen Wandels
Studie des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts und die Hamburger Berenberg Bank zur Situation der Seeschifffahrt. Hamburg 2018
Berenberg_HWWI_Studie_Schifffahrt.pdf
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